Stille

      Kann man Stille riechen? Wie still kann es in der Nacht sein? Hat Stille eine Dauer? Die Zeit wollte nicht verstreichen. Er hatte heute leider das Los gezogen und die zweite Wache für die Nacht bekommen. Das ist die unbeliebteste unter ihnen. Kaum hat man sich in seinem Umhang hingelegt und versucht eine bequeme Stelle auf dem harten Waldboden zu finden, wird man auch schon wieder unsanft aufgeweckt und muß weg vom warmen Lager. Und nach der Wache bleibt einem meist auch wenig Zeit sich nochmals zum Schlafen hinzulegen.

      Er fragte sich warum er seit ihrem Aufbruch eigentlich immer für diese Wache ausgewählt wurde? Sie waren doch zwei dutzend Mann, wieso befahlt ihr Sergeant immer nur ihm, diese Wache zu übenehmen? Lag es vielleicht daran, dass er neu bei der Truppe war und dies seine erste Patrouille war? Wenn sie zurück waren, mußte er bei ihrem Hauptmann vorsprechen. Das hatte man ihm nicht erzählt, als man ihn und seine Kumpels im Gasthaus seines Dorfes für die Armee des Herzogs rekrudiert hatte. Da war nur davon die Rede, wieviele Abenteuer sie erleben würden, wie sehr ihnen die Herzen der Mädchens zuschweben würden, wenn sie in ihren Uniformen und mit Taschen voller Geld in die Stadt gingen und wieviele Schätze sie erbeuten würden.

      Davon war leider nichts geschehen. Weder hatt er bis jetzt Abenteuer erlebt, ausser man betrachte Latrinen putzen und den Schlafsaal kehren als Abenteuer, noch wären im die Mädchen in Scharen um den Hals gefallen - im Gegenteil. Von Schätzen ganz zu schweigen - die läppischen 2 Kupferstücke pro Woche die er bekam, reichten gerade für einen Krug Bier in der Schänke.

      Und nun das hier. Seit vier Tagen war er mit seinem Sergeanten und Kameraden nun auf Patroullie durch den Düsterwald unterwegs. Von Morgens bis zum Sonnenuntergang hieß es marschieren, marschieren und nochmals marschieren. Er spürte seine Beine kaum noch. Und dann kam noch die Kälte sowie die Näße hinzu. Seit Beginn ihres Marsches regnete es in Strömen. Der Regen wurde durch den eisigen Wind, der aus dem Osten kam, noch verstärkt. Der Grund ihrer Patroullie hatte ihnen niemand gesagt. Er glaubte fast schon, ihr Sergeant hätte auch keine Ahnung, warum ihnen ihr Hauptmann diese Tortour befohlen hätte. Aus den Gesprächen seiner Kameraden am abendlichen Lagerfeuer hörte er heraus, es ginge um die Angriffe des Chaos, die letzten Monat die Ländereien im Osten verwüstet hätten. Aber daran glaubte er nicht - das Chaos war noch nie soweit im Westen gewesen. Die alten Kameraden erzählten viel an Soldatenlatein wenn der Abend lang, der Marsch beschwerlich und die Knochen müde waren. Daran hatte er sich schon gewöhnt.

      Bisher hatten sie noch kein Anzeichen finden können, dass das Chaos bereits hier wäre. Bis auf die Kälte und die Nässe war alles ruhig. Wäre nicht der Wachdienst jede Nacht. Zwei Stundenglasumläufe war er bereits auf Wache. Der Marsch heute war besonders anstrengend gewesen, ihr Sergeant hatte sie kaum rasten lassen, irgendetwas beunruhigte ihn. Er hatte das Gefühl als wären sie heute einen großen Bogen marschiert und würden wieder in die andere Richtung gehen. Er war noch nie gut im Deuten der Himmelsrichtungen gewesen und hatte sich immer im Wald verlaufen, daher war es nur ein Gefühl von ihm. Auf seine Frage ob sie zurückgingen hatte sein Sergeant ihn nur angeschnautzt und gemeint, "er solle die Klappe halten und weitergehen". Das hat er auch getan, bis sie auf einer Lichtung haltgemacht und das Lager aufgeschlagen hatten.

      Und nun stand er am Rand der Lichtung und späte in die schwarze Wand des Waldes hinein und lauchte angestrengt ob er etwas hört. Nichts - weder zu sehen noch zu hören. An das gelegentliche Knacken der Zweige hatte er sich bereits gewöhnt. In der ersten Nacht hatte er sich fast zu Tode gefürchtet und sofort Alarm geschlagen, als er das Knacken hörte. Die drauffolgende Standpauke seines Sergeanten sowie die Worte und Blicke seiner Kameraden, die ihn trafen hatte er noch nicht vergessen. Er würde so schnell nicht nochmals falschen Alarm geben. Im wald ist es normal, dass Zweige von den Bäumen fallen und am Boden zerbrechen, oder Tiere einfach drauftreten. Tiere. Hatte nicht ein alter Soldat erzählt, im Chaos gebe es auch Tiermenschen? So ein Märchen - er hatte noch niemanden gesehen, der ein solches Wesen gesehen hätte. Wie solle dies auch aussehen und gehen können?

      Noch zwei Umläufe des Stundenglases und er könne sich wieder ein wenig hinlegen und ausruhen. Der Haferbrei wird ihm auch guttun und einwenig Kälte aus seinen Knochen ziehen.

      Was war das?

      Wieder nur ein Knacken von Zweige? Hörte sich anders an, als wären plötzlich alle Zweige eines Baumes auf einmal heruntergestürzt. Woher kamen die Geräusche? Waren sie vor ihm, hinter ihm. Er lauschte angestrengt in die Nacht. Aber er konnte keine weiteren verdächtigen Geräusche ausmachen. Er entspannte sich wieder und ging seinen Weg weiter.

      Es war wieder still auf der Lichtung und im Wald. Nur dieses Zischen lag in der Luft. Der Wind, der durch die Bäume strich.

      Wind?

      Es ging kein Wind!

      Ruckartig drehte er sich um und blickte auf die andere Seite der Lichtung. Das Zischen wurde lauter. In letzter Sekunde erkannte er den Gegenstand, der sich gegen den sternenklaren Nachthimmel abgrenzte, der auf ihn zugeflogen kam.

      Es war eine Axt.

      Das Zischen verstummte. Der Aufprall des Körpers auf dem Boden hörte niemand im Lager.

      Es war still.
      Gut geschrieben. Vor allem die ersten Sätze gefallen mir. Ich weiß aus Erfahrung wie schwer es ist einen guten Anfang für eine Story zu finden. Du hast es sogar ein wenig poetisch und philosophisch geschafft. Kompliment.
      Fields of Glory auch für die Steiermark!

      VOTE CTHULHU FOR PRESIDENT! - Why choose the lesser evil?
      Rejoice! For very BAD things are about zu happen!


      Schmerz

      Pochen. Sein ganzes Sein schien nur aus einem einzigen Pochen zu bestehen. Gepaart mit einem fortdauernden Schmerz, der mit dem Pochen einher ging. Mehr fühlte er nicht.
      Wo war er? Wer war er? Was war er? Er konnte nicht denken. Jeder Gedanke, jedes Gefühl verursachte ihm höllische Schmerzen. War er tot? Fühlte sich Gevater Tod so an?
      Wahrscheinlich nicht. Hatte nicht Ergol, sein Nachbar in dem Dorf in dem seine Familie und er, ein alter Mann von über 60 Jahren, ihm einmal erzählt, dass der Tod endgültig ist und man danach nichts mehr fühle. Wenn das stimmte, und er glaubte Ergol, da dieser weise war, er war eben auch schon alt und alte Menschen sind immer weiser als junge, hätte er nicht solche Schmerzen spüren können.
      Also, er lebte, aber wie war dies möglich. Das letzte, an das er sich erinnerte, war der Augenblick gewesen, an dem er das im Mondlicht aufblitzende Axtblatt wahrgenommen hatte, das auf ihn zugeflogen kam. Es ging alles so schnell, zu schnell, um überhaupt den Funken einer Chance gehabt zu haben, dem heranfliegenden Wurfgeschoss auszuweichen.

      Aber wie war das möglich? Wie konnte er noch leben, nachdem ihm die Axt getroffen hatte? War das wichtig? Eigentlich nicht. Hauptsache er lebte. Aber wie schwer war er verletzt? Verletzt musste er sein, denn ansonsten hätte er nicht solch rasende Schmerzen verspürt. Vorsichtig versuchte er sein linkes Auge zu öffnen. Eine klebrige Flüssigkeit verklebte sein Auge dermaßen, dass er nicht im Stande war, die Augenbraue aus eigener Kraft zu heben.
      Nach mehreren Fehlversuchen, riss er einfach mit einem Schwung seine beider Augen auf. Der dadurch entstandene kurze Schmerz wurde einfach von dem über alles lagernde andauernde Schmerz in seinem Kopf einfach aufgesogen. Er spürte quasi kaum einen Schmerz - einen anderen als den einen wahren wirklichen Schmerz, in seinem Kopf.

      Er sah nichts. Nur schwarz. Kein Licht, kein gar nichts. Nur eine bleiernde Schwärze die vollkommen schien.

      Eine Angst befiel ihn, der Panik nahe, dass er blind sein könnte hob er seine Hände zu seinen Augen um zu spüren, ob sie überhaupt noch da waren. Das plötzliche Heben seiner Arme verursachte ihm eine große Pein, jedoch war die nichts gegenüber der Überraschung, als seine Hände dort angelangten, wo er sein Gesicht zu ertasten erwartet hatte. Dort war nichts als Metall. Er tastete vorsichtig an dem kalten, harten Metall entlang, bis er auf der rechten Seite, bei seinem Ohr, eine Öffnung erfühlte.
      Es war sein Helm! Offensichtlich hatte der Aufprall der Axt seinen Helm auf seinem Kopf dermaßen verschoben, dass das Vorderteil des Helmes sich nach rechts verschoben hatte. Darum konnte er auch nichts sehen, sein Helm nahm ihm die Sicht.
      Schon vor ihrem Aufbruch hatte er seinem Sergeanten mitgeteilt, dass ihm der Helm, den er in der Waffenkammer vom alten Smuff, dem Kammermeister, bekommen hatte, viel zu groß war. Der Sergeant hatte nur ein müdes Lächeln für ihn und gemeint, er würde ihn schon ausfüllen, wenn er groß genug sei und falls nicht, könne er ihn ja ausstopfen.
      Jetzt hatte der nicht passende Helm ihm offenbar das Leben gerettet. Dadurch, dass der Helm zu groß war, hatte er den Schlag entsprechend abgeleitet und die dadurch entstandene Energie in Bewegung umgeleitet. Sein Kopf wäre bei einem normal sitzenden Helm wahrscheinlich zerquetscht worden.

      Langsam hob er seinen Kopf. Sofort überkam ihn ein Schwindel, der, hätte er sehen können, ihm schwarz vor den Augen wurde. Er atmete einige Minuten langsam und tief durch, bis sich das Schwindelgefühl einigermaßen gelegt hatte. Er versuchte es nochmals, seinen Kopf vorsichtig zu heben. Es gelang, auch wenn der Schwindel wiederkam, jedoch diesmal nicht in jener Stärke wie vorhin. Behutsam setzte er sich auf. Nachdem der Schwindel verschwunden war, machte er sich daran, den Helm wieder in die Richtige Position zu bewegen. Dies war jedoch in der Theorie leichter als in der Praxis. Der Helm saß bombenfest. Er als er ihn leicht anhob konnte er ihn wieder bewegen.

      Und endlich sah er auch wieder etwas. Auf der Lichtung war der Morgen angebrochen und fahles Licht erhellte die Szenerie. Und das, was er sah, hätte er lieber nicht gesehen. Aber eigentlich glaubte er zu träumen, denn so etwas konnte nicht wahr sein.

      Was er sah versetzte ihn in helle Angst und Panik.

      Es war einfach nur Schmerz.
      Supper !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
      Es ist nicht so wertvoll 1000Schlachten zu gewinnen wie 1 schlacht zu gewinnen ohne den Kampf.

      Hilfe!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
      Rot

      Er sah nur rot. Und das geschah nicht durch das Blut, dass ihm durch seine Platzwunde unterhalb des Helm, über sein Gesicht geronnen und die Augen verklebt hatte. Das saftige Grün der Wiese auf der Lichtung war über und über mit getrocknetem Blut besudelt. Wohin er auch blickte, überall war Blut. Und noch viel mehr, was ihm sein eigenes Blut vor Angst und Grauen wahrlich gefrieren lies. Es war ein Schlachtplatz, als ob ein Metzger eine ganze Schweineherde unter freiem Himmel geschlachtet und ausgenommen hätte. Überall verstreut lagen Gedärme, Innereien und Körperteile, diese waren jedoch meist in schlechtem Zustand, als ob irgend etwas ihnen das Fleisch herausgerissen hätte.
      Mit zitternden Beinen ging er vorsichtig umher und versuchte möglichst nirgends anzukommen. Er verstand nicht, was hier geschehen war. Tränen stiegen ihm in die Augen. Tränen der Trauer und des Schocks.

      Es waren die Überreste seiner Kameraden. Er erkannte die Rüstungsteile zwischen dem Gemetzel. Teile ihrer Kleidung lagen zerfetzt zwischen Blut, Gedärm und Fleisch am Boden. Auf Holzpflöcken waren Köpfe aufgepflanzt worden, Nase und Ohren waren abgebissen worden. Auch die Zungen fehlten aus den vor Schmerz und Grauen aufgerissenen Mündern. Die Augen waren ausgestochen. Auf einem, durch und durch mit Blut und anderen Sekreten beschmierten Pflock war der Oberkörper seines Hauptmannes gepfählt. Der Kopf hing nur noch an einigen Sehnensträngen baumelnd am Rumpf. Die Beine fehlten und waren augenscheinlich mit unmenschlicher Gewalt brutal aus den Gelenkspfannen gerissen worden.
      In der Mitte der Lichtung machte er eine riesige Feuerstelle aus, aus deren Mitte sich nur noch kleine Rauchsäulen gegen den morgendlichen Himmel schlängelten. Rund um die Stelle waren Holzstäbe schräg in den Boden gerammt worden, auf dem halbverkohlte Reste von Fleischstücken steckten. Hier hatte jemand oder etwas Fleisch gebraten. Menschenfleisch. Fleisch seiner Kameraden.

      Die Spuren des Gemetzels hatten alle Zeichen eines etwaigen Kampfes überdeckt. Er glaubte aber nicht daran, dass sich seine Kameraden gewehrt hatten. Zwischen ihren Resten konnte er keine anderen Leichen entdecken.

      Wer oder was konnte so etwas Grausames und Schreckliches nur getan haben? Verzweiflung packte ihn. Seiner rauhen Kehle entfuhr ein einziges, sein Innerstes alles umspannendes Wort: "Wer?". Immer lauter schrie er seine Angst heraus. Er fiel auf seine Knie und begann jämmerlich zu schluchzen. Seine Gedanken drehten sich in seinem Hirn. Er schloss die Augen und versuchte wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Nach einiger Zeit beruhigte er sich und stand auf.

      "Das war Urgoth und seine Herde!"

      Er schrak zusammen und drehte sich ruckartig in die Richtung aus der die Worte gekommen waren. Geduckt griff er an seine Seite, an der er am Abend seinen Dolch befestigt hatte. Nur war der Dolch nicht dort, wo er ihn erhofft hatte. Die Waffe muss ihm vom Gürtel gefallen sein, als ihn die Axt traf.

      Keine zehn Schritte von ihm entfernt stand eine in einen schwarzen Umhang gehüllte Gestalt. Ihr Gesicht war von der Kaputze gänzlich verdeckt. Der Fremde sah in seine Richtung und ging auf ihn zu.

      Er wich zurück.
      Carloff

      Die Gestalt kam ruhigen Schrittes auf ihn zu. Seine Bewegungen waren geschmeidig und zeugten dennoch von Kraft. Neben dem Kapuzenumhang war die gesamte Kleidung in dunkler bis schwarzer Farbe. Die Hose aus geglättetem, dunkelbraunem Leder endete in schwarzen Stiefel die nur so vor Schmutz und Dreck starten. Im breiten Gürtel, der mit einer Reihe von Metallnieten versetzt war, steckte auf der linken Seite ein unterarmlanges Jagdmesser. Er vermutete, das es sich dabei um ein Jagdmesser handelte, außer dem Heft der Waffe, konnte er nämlich nicht viel erkennen, da der Rest davon in einer rotbraunen schmucklosen Scheide steckte. Es hätte sich auch gerne um ein Kurzschwert handelt können ? lang genug wäre es gewesen. Auf der rechten Seite baumelte eine hantliche Wurfaxt. Sie war durch eine kleine Kette, die am Ende des Holzschaftes angebracht war, mit einem Ring am Gürtel befestigt. Das Wams des Fremden war ebenfalls aus derselben Farbe wie die Hose und aus ähnlichem Material ? zumindest vermutete er, dass es sich um Leder handelte. In der rechten Hand hielt die Gestalt einen langen Bogen. Er hatte noch nie so einen Bogen zu Gesicht bekommen. Aus welchem Holz der Bogen gemacht war, konnte er in der Dämmerung nicht erkennen. Jedoch konnte er die Länge des Bogens erahnen, und die war außergewöhnlich lang.

      Als sein Blick gerade auf dem Bogen gerichtet war, hob der Fremde den Bogen und griff hinter sich und holte aus einem Köcher, den er bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gesehen hatte, einen Pfeil heraus. Entsetzt wich er weiter zurück, als er erkannte, dass der Mann den Pfeil auf die Sehne des Langbogens legte und auf ihn zielte.
      Er wusste nicht, was er tun sollte. Weglaufen war sinnlos, wohin hätte er sich wenden sollen? Hier auf der Lichtung gab es keine Deckung und angreifen war auch nicht möglich. Erstens hatte er keine Waffe und zweitens, bis er ihn erreicht hätte, wäre er mit Pfeilen gespickt gewesen. Im Gedanken bereits ein toter Mann, streckte er seine Arme von sich und bedeutete dem anderen so, dass er nicht gefährlich sei.

      Die Sekunden wurden zur Ewigkeit. Der Verhüllte war stehen geblieben und zielte weiterhin auf ihn. Jeden Augenblick erwartete er den Einschlag des Pfeiles in seinem Körper.

      ?Duck dich!? schrie plötzlich der Fremde. Instinktiv gehorchte er dem Befehl und lies sich sofort auf seine Knie fallen. Der Pfeil war im selben Moment wie der Ausruf auf den Weg geschickt worden und flog zischend an ihm vorbei. Hinter sich hörte er einen lauten Schmerzensschrei. Überrascht blickte er hinter sich. Was er sah, konnte er zuerst nicht glauben. Nur wenige Schritte von ihm entfernt, stand ein Wesen, dass es gar nicht geben durfte. Vor ihm stand eine Kreatur, halb Mensch, halb Ziege. Der Körper, über und über mit Fell überwuchert hatte menschliche Züge, die beiden Beine endeten in Hufe und der Kopf war der eines Ziegenbockes mit langen Hörnern. Bewaffnet war das Ungetüm mit einem schartigen und von Rost durchfressenes Schwert sowie einem Holzschild.

      Dort wo sich das rechte Auge befand, steckte nun der Pfeil. Dunkelrotes Blut spritze aus der Wunde und das Wesen schrie seinen Schmerz in unbändiger Wildheit heraus. Rasend vor Wut und Schmerz kam der Tiermensch auf ihn zu gelaufen und schwenkte furchteinflößend sein Schwert über dem Kopf.
      Er schrie vor Angst auf und hob abwehrend seine Arme vor seinen Kopf. Vor noch einem Augenblick war er sicher durch einen Pfeil getötet zu werden und nun war er drauf und dran von einem Ungeheuer erschlagen zu werden. Er war starr vor Schreck.

      Gerade in dem Augenblick, als das Wesen ihn erreicht hatte und das Schwert zum Schlag ausholte sah er, wie sich eine Axt in den Kopf des Scheusals fraß. Die Wucht der Waffe war so enorm, dass die Axt bis zum Holzschaft im Kopf steckenblieb und eine furchtbare Wunde erzeugte. Der Schädel wurde in seiner oberen Hälfte regelrecht in zwei Teile gespalten. Hirnmasse und Ströme von Blut flossen an den Seiten der beiden Kopfteile herab. Das Tier blieb abrupt stehen, lies seine Waffen fallen und sackte dann in sich zusammen. Zuckend blieb es nur wenige Zentimeter vor ihm am Wiesenboden liegen.

      Der Fremde stand noch immer dort, wo er den Pfeil von der Sehne gelassen hatte und kam nun auf ihn zu. Er stieg über ihn hinweg und zog seine Axt aus den Überbleibsel des Schädels. Er säuberte die Waffe im Gras und hängte sie sich wieder an den Gürtel. Als er sich zu ihm umdrehte hörte er den Fremden sagen:
      ?Urgoth schickt immer Kreaturen zurück zu einem Schlachtfeld um zu sehen, ob doch jemand überlebt hat.?

      ?Wer seid Ihr??, war alles, was er hervorstottern konnte.

      Der Mann stand nun genau über ihm. Er zog sich die Kapuze zurück.

      ?Ich hatte keine Zeit mich vorzustellen. Ich bin Carloff und jage Urgoth und seine Meute seit zwei Jahren.?
      Aufbruch

      Carloff streckte ihm seine rechte Hand entgegen, die er dankend annahm und sich hoch helfen lies. Er war noch ganz wackelig auf den Beinen. Sein hünenhaftes Gegenüber musterte ihn kritisch.
      ?Alles in Ordnung mit dir? Bist du verletzt??
      ?Nein. Das heißt ich glaube nicht. Das Blut an mir stammt vom Boden, überall ist Blut. Soviel Blut!?
      ?Besser fremdes Blut als eigenes. Das sagte schon mein Vater zu mir?, entgegnete Carloff und lies ein breites Grinsen sehen.
      ?Ich an deiner Stelle würde mir ein anderes Gewand suchen und so schnell wie möglich die Kleider tauschen.?
      ?Wieso??, er war erstaunt über diesen Vorschlag.
      ?Wenn du nicht willst, dass die Tiermenschen dich meilenweit wittern, dann solltest du meinen Rat befolgen. Ansonsten überlebst du diesen Tag nicht.?
      Carloff ging an ihm vorbei und untersuchte dabei gefließentlich den Boden.
      Das Tiermenschen so gut riechen können und offensichtlich Blut noch besser, bewegte ihn unverzüglich, sich nach etwas neuem zum Anziehen umzusehen. Einfach war dies nicht, denn die Kleidungsstücke die er am Boden fand, waren entweder selbst von Blut und anderen Flüssigkeiten, deren Herkunft er lieber nicht wissen wollte, besudelt oder sie waren einfach zerissen und unbrauchbar.
      Er suchte bereits einige Minuten, als er die Tragetasche seines Sergeanten am Boden liegen sah. Sie war noch verschlossen und schien unbeschädigt zu sein. Neugierig nahm er sie und öffnete die Riemen des Verschlusses. Oben auf lag ein weiches Tuch in dem Wetzstein und kleine Werkzeuge zum Schärfen und Reinigen von Waffen eingewickelt waren. Darunter wurde er endlich fündig. Sein Sergeant hatte eine zweite Garnitur seiner Uniform dabei. Er nahm die Sachen heraus. Er zog sich seine Kleider aus und die Uniform an. Sie passte einigermaßen. Die Hose war etwas zu lang, so das er die Hosenbeine aufkrempeln musste. Die Ärmel des Waffenrockes schnitt er einfach kürzer.
      Nachdem er dies hinter sich hatte, begutachtete er den Rest des Inhaltes der Tasche. Zu Tage kam neben einem kleinen Dolch, den er sich in den Gürtel steckte ein kleiner Beutel, dessen Inhalt verdächtig klimperte. 22 Silbermünzen fielen im in die Hand, als er den Beutel öffnete.

      ?Steck das Geld ein, wir werden es noch gut brauchen können!? Carloff stand, ohne das er es bemerkt hatte, nur einen Schritt hinter ihm. Erschrocken fuhr er zusammen.
      ?Wir?? fragte er verwundert.
      ?Naja, wenn du alleine deines Weges gehen willst? Nur zu, viel Vergnügen.?, entgegnete der Kämpfer.
      ?Wenn du willst, dann bringe ich dich zur nächsten Stadt. Dort kannst du dann der hiesigen Garnison über das hier berichten. Falls es noch eine Garnison gibt?.
      Von den letzten Worten aufgeschreckt, erwiderte er ?Was meint ihr damit, wenn es sie noch gibt??.
      ?Was ist die nächste Siedlung, Junge??
      ?Grünwald!?
      ?Und? Wie ist Grünwald befestigt??
      ? Ich weiß es nicht? musste er zugeben.
      ?Ich kann es dir sagen. Ausser einer nicht wirklich hohen Holzmauer und Türmen beim Stadttor hat Grünwald nicht viel zu bieten. Und das wird Urgoth nicht aufhalten können.?
      Er schluckte, erkannte er doch, dass in den Ausführungen von Carloff viel Wahrheit steckte. Wenn er sich umsah, musste er zugeben, dass dieser unmenschlichen Wut und Kraft, die dieses Massaker auf der Lichtung unter seinen Kameraden angerichtet hatte, wohl auch keine hölzerne Mauer standhalten wird.
      ?Aber wir müssen sie warnen, in Grünwald leben Frauen, Kinder, alte Männer? sprach er aufgewühlt mit lauter Stimme.
      ?Wir werden auch etwas unternehmen? sagte Carloff ruhig.
      ?Und was??
      ?Wir werden Urgoth und seine Herde töten.? war die kurze Antwort des Kriegers.
      ?Wir beide? Allein??
      "Nein. Nicht allein. Eine kurze Wegstrecke von hier ist mein Lager. Und dort sind auch meine Weggefährten. Wesen wie du, die eine Rechnung mit diesen Bestien offen haben."

      "Wesen? Du meinst Menschen wie wir!"

      "Mensch? Wie kommst du darauf, dass ich ein Mensch bin?"

      Bei dieser Frage, glaubte er ein rotes Blitzen im Auge von Carloff wahrgenommen zu haben, dass genauso schnell verschwand wie es erschien. Dieser Effekt überraschte ihn genauso wie die Frage selbst.

      "Was war das in eurem Auge? Und was soll diese Frage? Natürlich seid ihr ein Mensch! Ihr seht wie einer aus und was solltet ihr auch sonst sein?"

      Carloffs Lachen entblöste, für einen Menschen recht ungewöhnliche, lange Eckzähne.

      "Junge, ich bin genausoviel Mensch wie diese Bestie, die ich vorhin getötet habe. ich bin Mensch und Nicht-Mensch zugleich."

      Diese Antwort verwirrte ihn nochmehr. Er konnte sich aus diesen Worten einfach keinen Reim machen. Im Gegenteil, sie verunsicherte ihn nochmehr und riefen eine neue Furcht in ihm auf. War er zweimal dem sicheren Tod um Haaresbreite entgangen um nun doch noch von einem Wasauchimmer getötet zu werden? Aber, wenn Carloff dies wollte, wäre er vermutlich bereits längst zu seinen Kameraden gegangen.

      "Was soll nun das nun wieder heißen? Was seid Ihr dann?", wollte er nun wissen.

      "Ihr seht nicht so aus, wie diese Tiermenschen!".

      "Nein, ich bin kein Chaostier. Ich hasse das Chaos! Aber ich brauche auch Chaos. Ohne chaos hätte ich kein Leben. Keine Aufgabe.". Carloff sprach mit einer Inbrunst, mit einer Heftigkeit die Ihn erschreckte. Carloffs Körper schien bei diesen Worten zu wachsen, sein Brustkorb bebte und seine rechte Hand umklammerte krampfhaft den Bogen.

      "Ich lebe um das chaos zu töten. Gibt es kein chaos gibt es keinen Sinn für mich zu leben." Die Stimme Carloffs beruhigte sich wieder.

      "Es wird Zeit, dass wir hier verschwinden und zu den anderen gehen. Urgoth wird in der Zwischenzeit bemerken, dass seine Kreatur überfällig ist und vermutlich Verstärkung schicken. Dann sollten wir nicht mehr hier sein."

      Carloffs Hand legte sich auf seine Schulter und führte ihn mit Nachdruck in Richtung Norden von der Lichtung weg. Eine Antwort auf seine Frage, was Carloff sei, bekam er nicht. Im Moment wollte er auch nicht nochmals fragen und auch nicht auf eine Antwort pochen. Er wußte, er würde sie nicht bekommen und Carloff hatte wohl recht. Sie sollten verschwinden. Auch er wollte so schnell wie möglich von diesem Feld des Grauens weg.

      Er hoffte, nie wieder so etwas sehen und erleben zu müssen. Aber er wußte, er würde. Er konnte es in den Augen Carloffs lesen.