Der Darstellungsmaßstab beim Kriegsspiel (Wargame)

      Der Darstellungsmaßstab beim Kriegsspiel (Wargame)

      Der Darstellungsmaßstab im Kriegsspiel (Wargame)

      Beim Militär werden allgemein Führungsebenen unterschieden. Vereinfacht dargestellt sind dies die taktische, (Bataillon bis Division) die operative, (Korps und Armee) und die strategische Ebene (Gesamtstaat). Bei Einsätzen unterhalb der Bataillonseben, (Kompanie (Company), Zug (Platoon), Halbzug (Section), Gruppe (Squad), Halbgruppe (Team) spricht man beim Militär nur von Gefechtstechnik, da es auf dieser Ebene normalerweise noch keinen Kampf der verbundenen Waffen (Taktik) gibt. In Wargamerkreisen ist es jedoch üblich auch auf dieser Ebene bereits von Taktik zu sprechen.

      Beim Kriegsspiel (Wargame) mit Figuren und Modellen auf einem Tisch (Tabletop) ist es heute üblich
      Skirmish- (Plänkler, Scharmützel)
      oder
      Massenspiele zu unterscheiden.
      Richtige Definitionen fehlen aber. Ich versuche nun dies über den Darstellungsmaßstab zu systematisieren.

      Skirmishspiele haben keinen Darstellungsmaßstab. Ein Spielelement (Figur) ist eine Person, Waffe oder Kampfmittel. So ist auch ein Baumodell ein Baum, ein Hausmodell ein Haus und eine Türe eine Türe. Der Spieler führt im Schnitt etwa 30 bis höchstens 100 Spielelemente. Die Spielelemente sind meist einzelbasiert und haben unterschiedliche Fähigkeiten und Kampfwerte (Waffen). Bei manchen Spielregeln, z.B. Flames of War, sind die Figuren und Waffen jedoch in Teams (Halbgruppen) basiert. Sehr großer Wert wird auf waffentechnische Details gelegt. Die gängigsten Figurengrößen sind heute 28mm (etwa 1:65) und 15mm (1:100 – 120). Selten werden größere Figuren (54mm 1:33) oder sogar auch kleinere Figuren (6mm 1:300) verwendet. Die bevorzugte militärische Führungseben sind die Gruppe (Squad) oder der Zug (Platoon), selten die Einheit (Company). Der Spieler fühlen sich eben als Unteroffizier, Leutnant oder Hauptmann. Auf den Führungsebenen unterhalb des Bataillons gibt es nach militärischen Begriffen auch noch keine Taktik (Kampf der verbundenen Waffen) sondern nur Gefechtstechnik. Um die Buntheit eines Spieles zu fördern, werden jedoch die Züge und Kompanien oft gemischt und nach einem Punktesystem zusammengestellt, was in Wirklichkeit eine Ausnahme darstellt. In Wirklichkeit werden die Züge und Einheiten meist "reinrassig" eingesetzt. Die bevorzugte Spielzeit sind die Antike, das Mittelalter, 18. Jhdt, napoleonische Kriege, die Weltkriege, die Nachkriegszeit oder die fantastische Zukunft. Mit diesem Ansatz lassen sich natürlich auch keine historischen Gefechte und Schlachten, sondern, wenn überhaupt, nur kleine Ausschnitte aus diesen spielen. Entsprechend wenig Wert wird auf die Historie, das Szenario und das Gelände gelegt, denn dafür gibt es nur selten verbindliche Unterlagen. Aus der Perspektive des Schützenloches oder des Einzelkämpfers spielt die historische Lage auch keine wesentliche Rolle. Der große Vorteil eines Skirmishspieles ist, dass man mit verhältnismäßig wenigen Figuren und Modellen auskommt und die Spielfläche nicht allzu groß sein muss. Die Masse der Kriegsspieler (Wargamer), vor allem junge Spieler, identifiziert sich mit diesem Ansatz. Es gibt dafür hunderte Regelbücher, Figuren und Modelle und täglich werden es mehr.

      Taktische Spiele haben einen Darstellungsmaßstab. Eine Figur stellt dann 10, 20, 30 oder sogar 100 Mann dar. Die Figuren sind, besonders für die Zeit vor 1871, meist in einer typischen Formation als Züge, Kompanien, Bataillone, Regimenter oder vergleichbare Führungsebenen als Spielelemente entweder fix auf Magneten oder Klebefolien basiert. Bei einer Magnet- oder Folienbasierung lassen sich Formationsänderungen durchführen und Verluste entfernen. Ein Darstellungsmaßstab gilt auch für Waffen und Fahrzeuge. So kann ein Panzer oder eine Kanone einen Zug, eine Kompanie, ein Bataillon oder ein Regiment darstellen. Ähnliches gilt auch für das Gelände, ein Baummodell steht dann für eine Baumgruppe und ein Hausmodell für eine Häusergruppe oder einen ganzen Ort (BUA, Build up area). Die Figurenbasen oder Waffen- und Fahrzeugmodelle ersetzen im Prinzip taktische Zeichen. Dieser Ansatz fordert vom Spieler ein gewisses Abstraktionsvermögen, das bei Spielern welche die Verwendung von taktischen Zeichen nicht kennen, zu Akzeptanzproblemen führen kann. Als Kompromiss für diese Spieler ist oft der Darstellungsmaßstabes auf die Zugs- oder Kompanieebene begrenzt. Da sind noch genügend Elemente der Einzelkämpferebene vorhanden, um nicht zu abstrakt zu werden. Der große Vorteil eines Darstellungsmaßstabes ist, dass damit auch größere Gefechte und Schlachten gespielt werden können, und das Spiel insgesamt historischer wird. Der Spieler führt im Schnitt wieder etwa 30 bis höchstens 100 Spielelemente. Bei einer Zugsdarstellung fühlt sich der Spieler dann als Brigadegeneral, bei einer Kompaniedarstellung als Divisionsgeneral, bei einer Bataillonsdarstellung als Korpsgeneral und bei einer Regimentsdarstellung als Armeegeneral. Entsprechend dem Darstellungsmaßstab müssen auch die Regeln, die Zeit- und Raumrelation, angepasst, vereinfacht, und waffentechnische Details ausgeklammert werden. Elemente, die auf der Skimishebene (Einzelkämpfer) durchaus eine Berechtigung haben, sind für einen General einfach nebensächlich. Einem General kommt es eben nur auf den gesamten Kampfwert eines Spielelementes an, und nicht ob das Spielelement dieses oder jenes Gewehr verwendet und ob die Waffen gerade geladen oder ungeladen sind. Die gängigsten Figuren- und Modellgrößen sind heute 15mm (etwa 1:120), noch kleiner, 10mm (1:200) oder 6mm (1:300). Besonders für antike, mittelalterliche oder die Zeit bis 1871 werden aber auch oft 28mm (etwa 1:65) oder 20mm (etwa 1:76) Figuren und Modelle verwendet. Bei taktischen Spielen gibt es eigentlich keine bevorzugten Spielzeiten, doch überwiegen der 2.WK und die napoleonischen Kriege. Dies bleibt im Wesentlichen der Vorliebe der Spieler überlassen. Die meisten taktischen Spieler legen auch größeren Wert auf historische Genauigkeit, sowohl bei den Kräften als auch beim Gelände. Mit einiger Mühe lassen sich auch genügend Unterlagen dafür finden. Da viele Spielregeln aber die Kräfte nach einem Punktesystem zusammenstellen (Armeelisten) lassen, leidet aber wieder die historische Genauigkeit. Dies stellt einen Kompromiss für ausgewogene Spiele dar. Wirklich große Schlachten wie z.B. Leipzig oder Kursk lassen sich aber auch mit einer Regimentsdarstellung nicht spielen und müssen aufgeteilt werden. Dies wird auch von der verfügbaren Spielfläche und der Reichweiter eines menschlichen Armes her begrenzt. Die taktischen Kriegsspieler (Wargamer) sind meist älter und heute in der Spielergemeinschaft eine qualifizierte Minderheit. Trotzdem gibt es noch ausreichend Regeln, Figuren und Modelle.

      Für die Charakterisierung von "Massenspielen" habe ich zu wenig Informationen. Ich gehe aber davon aus, dass es sich dabei um "aufgeblasene" taktische Spiele und deren Regeln handelt. Diese werden in Hallen, hauptsächlich in England, auf zahlreichen Tischen und von mehreren Spielern gleichzeitig gespielt. So lassen sich auch größere Gefechte und Schlachten spielen. Es kann dabei zum Einsatz tausender Figuren kommen. Entsprechend aufwändig ist die Organisation. Für die meisten Kriegsspieler (Wargamer) dürften dabei jedoch nicht das Spielen selbst, sondernder Erlebniswert und der Kontakt mit Gleichgesinnten im Vordergrund stehen.

      Der Planspieler und Regeltheoretiker
      Das Leben ist ein Würfelspiel, wir würfeln alle Tage.........