So...weiter gehts.
Die Flammen des großen Kamins waren entzündet worden, zwei Akolythen der Priesterschaft heizten es immer weiter an. Zuckende Schatten tanzten über die Wände des Thronsaales, fielen auf die besorgten, ernsten, wütenden und selbstsicheren Mienen der Anwesenden. Ein halber Glockenschlag war seid der Thronbesteigung des neuen Königs vergangen, und die Fronten hatten sich gebildet.
König Rhen `Thiel saß auf seinem Thron, seine beiden getreuen Kämpen links und rechts neben sich. Seine rechte Hand umklammerte das silberne Szepter der Herrschaft, sein Breitschwert lag in seiner Linken. Ein großer, mehrfach beschichteter Schild war an den Königsthron gelehnt, dahinter ein langer, mit Widerhaken besetzter Wurfspeer. Gareths Hände waren so fest um den Schaft seiner Hellebarde geschlossen, dass die gewaltigen Muskeln seiner Arme deutlich hervortraten. Der zweite Ritter, Sir Kilian, wartete beinahe reglos. Nur der abschätzende Blick seiner dunklen Augen zuckte durch die Halle.
Am anderen Ende der Kampffläche, die noch immer durch die Gardisten der Königswache begrenzt wurde, hatten sich zwei Gruppen gebildet.
Auf der einen Seite standen zwei Männer dicht beieinander. Mikanesh und Nikolai. Die Waffen der beiden Verräter waren gezogen und sie schienen bereit zum Kampf. Hinter ihnen, beinahe unsichtbar in den Schatten der großen Vorhänge, lehnte die massige, schwarzgepanzerte Gestalt von Varshendir Krishron, dem Mann aus dem Norden. Mit leiser Stimme sprach der Rabenkrieger zu den beiden anderen, ein leichtes Lächeln auf dem breiten, wettergegerbten Gesicht. Der dunkle Helm mit dem Federbusch lag zu seinen Füßen.
Näher am Kamin warteten Abdul Rachmal, der Südländer, und die reglose Gestalt des toten Königs Rikmash. Keinen der beiden schien die entsetzliche Hitze des Kamins zu stören. Der eine kannte sie aus den heißen Winden seiner Wüstenheimat der andere wohl aus den Feuern der Hölle, die ihn ausgespuckt hatte.
In der Halle wurde es immer wärmer. Schweiß rann beinahe jedem Anwesenden aus allen Poren. Nur Prinz Rachmal und der tote König waren erneut ungerührt. Und warteten.
Sphenuth, der alte Hohepriester, der sich noch immer nicht von seinem Platz auf der Plattform bewegt hatte, klatschte in die Hände. Ein Gong wurde geschlagen und der tiefe, metallische Ton hallte durch die Halle.
Alle Anwesenden richteten ihre Blicke auf den Thron. Dort erhob sich König Rhen`Thiel, immer noch Schwert und Szepter in den Händen. In seiner Rüstung wirkte er wie einer der Kriegerkönige aus uralter Zeit, als die Welt noch jung war.
Der König erhob die Stimme.
?Der Wettbewerb hat begonnen. Nun kann jeder, der es wagt, mich fordern. Doch bedenkt, ich kann die Herausforderung meinen Kämpen übergeben. Und dann wird eure Zukunft kurz und blutig werden.?
Er zögerte einen Moment, schätzte seine Gegner ab. Dann fiel sein Blick auf Varshendir. Die beiden musterten sich, ein stummer Wettstreit des Willens. Der Nordmann schnaubte verächtlich. Rhen`Thiel knurrte leise und drohend.
?Ich,? schrie er, ?spreche hiermit mein königliches Veto über jener Gruppe dort aus!? Er deutete mit der Hand auf Mikanesh, Nikolai und Varshendir. ?Zwei von ihnen werden auf Leben und Tod gegeneinander antreten. Mit dem Sieger werde ich mich...befassen.?
Stille folgte auf diese Ankündigung des Königs. Dann begann Varshendir zu lachen. Seine Stimme troff vor Verachtung. ?So sei es, kleiner König.?
Zwei der Priester brachten langsam eine tönerne Urne nach vorne. Darin waren Pergamentfetzen mit den Namen der drei Herausforderer. Sie würden bestimmen, wer gegen wen antreten musste. Einer der beiden Priester reichte nervös zitternd dem König das Gefäß. Rhen`Thiel riss es ihm beinahe aus den Händen. Sein Schwert in die Scheide schiebend, griff er hinein. Einen Augenblick zögerte er, dann zog er einen Fetzen Pergament hervor.
?Nikolai,? las der König mit lauter Stimme vor. Dann griff er erneut in die Urne, zog einen zweiten Fetzen. Diesmal lag so etwas wie Schadenfreude in Rhen`Thiels Stimme.
?Varshendir Krishron. Er wird gegen Nikolai kämpfen.?
Der Nordmann hatte sich bereits in Bewegung gesetzt. Er setzte den Helm auf, schloss das Visier. Dann lockerte er mit kreisenden Bewegungen die Schultermuskeln.
Nikolai, der ehemalige Ritter, stellte sich ihm gegenüber. Die Bewegungen des jungen Mannes waren flüssig und gleitend. Er schien keine Angst vor seinem Gegner zu haben.
Mit einem Zischen wurden zwei Klingen flüssig blankgezogen. Nikolais Schwert war lang und schmal, mit einem runden Pariergriff. Ein elegantes Fechtschwert.
Die Waffe des Nordmannes war leicht gekrümmt und bösartig gezackt. Diese Waffe würde bei jedem Treffer tiefe Wunden in das Fleisch eines Gegners reißen. Nikolai lächelte leicht. ?Jetzt wird es wohl kein Herzogtum für mich geben, Rabenkrieger.?
Varshendir nickte leicht. Seine Stimme klang metallisch hinter dem Visier hervor.
?In der Tat. Jetzt heißt er der Thron oder der Tod, mein Junge.?
?Ist mir sehr recht.? Kaum war das letzte Wort ausgeklungen, sprang Nikolai vorwärts. Seine schmale Klinge stieß auf den Augenschlitz im Helm seines Gegner zu, das Schild deckte seinen Körper. Mit einem Krachen schlug Varshendir den Angriff beiseite, führte einen diagonalen Hieb. Das gekrümmte Schwert prallte gegen Nikolais Schild und der junge Kämpfer stolperte rückwärts. Blitzschnell hatte er sich jedoch wieder gefangen. Mit zwei schnellen Stößen verschaffte er sich Luft, vollführte dann einen blitzartige Drehung und schlug von unten her zu. Seine Klinge stieß gegen den dunklen Panzer seines Gegenübers, prallte aber wirkungslos ab. Varshendirs Schwert flog heran, schmetterte gegen die Schulter seines Gegners. Ein Schwall von Blut ergoss sich aus der Wunde. Nikolai sprang zurück. Jetzt lag Angst in seinem Blick. Er zögerte.
Der Nordmann ging in den Angriff über. Ein halbes Dutzend brutaler Hiebe prasselte auf Nikolai herab. Doch der Junge war schnell, wich immer wieder aus oder lenkte die Angriffe ab. Dann sprang er vor und führte einen flachen Schlag über den Körper auf die linke, ungeschützte Seite seines Gegners. Diesmal jedoch war der Nordmann schnell genug zur Stelle. Nikolais schmale Klinge prallte von seinem Schild ab. Dann rammte Varshendir seinen kleineren, leichteren Gegner mit voller Wucht. Der ehemalige Ritter stolperte zurück. Von links schmetterte eine brutale Attacke seinen Schild beiseite. Nikolais schmale Klinge zuckte nach rechts, um den zweiten Hieb abzufangen, doch es war nur eine Finte gewesen. Die gezackte Klinge zischte unter der Deckung des Jungen hindurch und schmetterte brutal in seinen Unterleib. Kettenglieder brachen mit einem Knacken, dann drang die Klinge des Nordmannes tief in das Fleisch. Blut und Eingeweide ergossen sich aus dem tödlichen Treffer. Nikolai taumelte zurück. Das Schwert entfiel seiner Hand und er knickte ein, fiel bäuchlings auf den Boden. Entsetzen spiegelte sich einen Moment lang auf seinem Gesicht wieder, dann stampfte ein eisenbesetzter Stiefel brutal auf seinen Kopf. Gehirnmasse spitzte über den Boden der Halle. Varshendir beugte sich hinab um sein Schwert und seinen Stiefel an der Kleidung seines toten Gegners zu reinigen.
Einen Augenblick lang herrschte Stille in der Halle. Dann richtete sich der Nordmann wieder auf. Mit einer Hand deutete er auf den König. Die Bedeutung der Geste war klar. Du bist als nächstes dran. Varshendir stapfte wieder zurück an seinen Platz.
Rhen`Thiel schüttelte den Kopf, als würde er aus tiefem Schlaf erwachen. Seine Augen verengten sich. Wuterfüllt warf er die Urne beiseite, wo sie auf dem Boden zerschmetterte.
Sein Blick fiel auf Mikanesh, der nun bemüht war, Abstand zu dem Nordmann zu gewinnen.
?Der erste Verräter ist gefallen,? sprach der König. Dann deutete er auf den ehemaligen General. ?Nun wirst du kämpfen. Gegen Gareth Stahlherz, meinen getreuen Champion.?
Mikanesh schüttelte den Kopf. ?Nein,? flüsterte er. Der goldene Ring an seinem Finger blitzte magisch auf. Kurzzeitig wirkte der König überrascht und verwirrt, als wüsste er nicht mehr, was er hier eigentlich tat. Doch dann kehrte die Schärfe wieder in seinen Blick zurück. Die nächsten Worte waren ein stahlharter Befehl. ?Doch. Du wirst kämpfen.? Rhen`Thiel sah sich zu Gareth um, gab seinem Kämpen ein Zeichen. ?Beweise deine Treue.?
Der Ritter salutierte mit geballter Faust, dann schob er sich nach vorne. Seine gewaltige Hellebarde schwang er leicht nach beiden Seiten. Mit einem zornigen Blick forderte er Mikanesh auf, sich ihm zu stellen. Der ehemalige General zog die Klinge. Jetzt schien er eifrig. Offenbar stimmten die Gerüchte über böses Blut zwischen den beiden.
?Du wirst sterben, Verräter,? knurrte der Königstreue. Mikanesh zuckte die Achseln. ?Vielleicht. Vielleicht auch nicht.?
Aufbrüllend warf Gareth sich vorwärts. Seine Hellebarde sauste nach unten, auf den Kopf seines Gegners zu. Dieser sprang jedoch blitzschnell zurück und entging so um Haaresbreite dem Tod. Mit einem Zischen zuckte seine Klinge in Richtung des ungeschützten Gesichtes des Ritters. Doch Gareth war schnell. Er schwang seine schwere Waffe, als wäre es ein Spielzeug und schmetterte das Schwert beiseite. Dann schlug er mit dem Knauf zu. Mikanesh schlug mit dem Schild dagegen, stieß dann flach nach unten. Seine Klinge prallte jedoch an dem Oberschenkelpanzer seines Gegners ab, ohne jenem auch nur seinen Kratzer zuzufügen.
Mikanesh sprang zurück, versuchte sich aus dem Kampf zu lösen, doch Gareth setzte von rechtschaffener Wut getrieben nach und schwang die Hellebarde. Der Verräter war gezwungen, hüpfend auszuweichen. Er konnte sich nicht erlauben, von der Hellebarde getroffen zu werden: Sein Kettenhemd würde einem solchen Treffer nicht standhalten können. Also verzichtete er auf eigene Attacken und wartete, dass sein Gegner müde wurde.
Dann rutschte Gareth auf einer Blutlache aus, die von dem letzten Kampf übrig geblieben war. Nur einen Augenblick später rammte Mikanesh ihn mit voller Wucht. Aus dem Gleichgewicht gebracht, taumelte der Ritter rückwärts. Zwei Hiebe konnte er schwanken parieren, doch für den dritten war er zu langsam. Mit einem triumphierenden Grinsen auf dem Gesicht stieß der ehemalige General zu. Sein Schwert zuckte durch Gareths Abwehr, prallte gegen den die Brust seines Gegners...und zerbrach.
Das Grinsen auf Mikaneshs Gesicht wurde zu einer Grimasse des Entsetzens, als er die gewaltige Klinge der Hellebarde auf seinen Kopf zusausen sah und ihm klar wurde, dass er nicht mehr schnell genug ausweichen konnte. Dann traf ihn die Waffe und jeglicher Ausbruch wurde mit einem brutalen Knacken zusammen mit dem Großteil seines Schädelknochens beiseite gewischt. Zum zweiten Mal an diesem Tag spritzte Gehirnmasse durch die Halle.
Gareth trat zurück, riss triumphieren die Arme hoch. Die Palastwachen begannen mit ihren Schwertern gegen die Schilde zu schlagen. Ein Ausdruck des Respekts für den Ritter. Einige Augenblicke lang dröhnte das Scheppern durch den Thronsaal, dann kehrte Stille ein.
Varshendir Krishron trat vor. Die schreckliche Waffe in seiner Hand schien beinahe eifrig, zuckte unruhig in seinem Griff. Aller Blicke zuckten in Richtung Thron, erwarteten die Reaktion des Königs. Und Rhen`Thiel sprang auf. Er warf den Speer, der schon in seiner rechten lang, mit Wucht auf den Herausforderer. Varshendir versuchte auszuweichen, doch er war um eine Spur zu langsam. Die Speerspitze durchbohrte seinen Schulterpanzer und schrammte an seiner linken Schulter entlang. Dann blieb die Waffe im Schulterpanzer stecken. Mit einem Grunzen brach der Nordmann den Schaft knapp hinter der Spitze ab und warf ihn weg. Dann winkte er den König vorwärts. Und wartete auf dessen Angriff.