Namenlos

    Kälte. Ja ich denke das war das erste Gefühl an das ich mich erinnern konnte. Kälte und dazu dieses grelle Licht, das erste Licht das ich je erblickte. Ich musste zusehen wie sie mir das einzige nahmen das mir je Wärme und Geborgenheit gab nahmen.
    Zischend öffneten sich die eben noch versiegelten Glasverschläge und das letzte der schleimigen jedoch wärmenden Flüssigkeit tropfte meinen Körper hinab. Ich sah mich um. Es ist ein Bild das sich in dir einbrennt und du es nie mehr vergisst. Auf der rechten Seite der silbernen Metallkuppel deren Glasverschläge sich eben geöffnet hatte war ein kleiner Text eingraviert.
    Es war wohl so gedacht das ich dies schon lesen konnte.
    Bill -93785
    ID -37495739237
    Status: Gesund
    Als ich das gelesen hatte tat ich einen Schritt nach vor. Als ich vor der Metallkuppel stand sah ich mich um. Ich war wohl in soetwas wie einem Labor. Um mich herum standen Männer in weißen langen Kitteln die auf kleinen Geräten wild herumtippten.
    Einer von diesen namenlosen Gesichtern tat einen Schritt zur Seite so das ich mir ins Gesicht starren konnte.
    Wir waren gleich, wir hatten die selbe Haarfarbe, waren exakt gleich groß und selbst die Tätowierung auf dem Hald, der Strichcode war gleich. Fast jedenfalls. Denn im gleichen Moment bemerkte ich das dieser Mann nicht ich war. Er kratzte sich mit seiner linken Hand an der Nase und starrte verstört zurück. Ich sah einen der Männer an und öffnete meinen Mund.
    Er war ganz verklebt von einem ekelhaften Schleim den ich sofort ausspuckte. Dies war das erste das ich schmeckte, ein fader jedoch salziger Geschmack auf der Zunge der wiederlich schmeckte.
    Krächzend brachte ich mein erstes Wort heraus. "Warum?", fragte ich den Mann in dem weißen Kittel vor mir.
    Er starrte nur mit einem Glitzern in den Augen zurück, "Die können schon sprechen!"

    Zitternd vor Kälte stand ich in einer Reihe vor der Dusche. Wir waren alle noch nackt und wir waren noch immer verklebt von diesem seltsamen Schleim. Die Männer mit den Kitteln schienen verschwunden zu sein. Stattdessen standen stämmige Männer in Uniformen im Raum und starrten uns an.
    Damals kannte ich das Wort Scham noch nicht und es war mir egal. Unbewusst, ohne es zu wollen starrte ich zurück. Es war ein Mann in einem langen straffen grauen Mantel. Der Mantel war mit hilfe von schwarzen glänzenden Kunststoffknöpfen zugeknöpft. Die Halskrause ragte dem kahlen Mann etwa bis zum Mund. Die Augen waren starr und auf mich gerichtet. Ich konnte ihm nicht standhalten und ließ meinen Blick über die glatt gebügelte Hose, über die polierten Stiefel an den Hinterkopf meines Vordermannes wandern.
    Wasser spritze mir ins Gesicht als der Mann vor mir mit Wasser sauber gespritzt wurde. Der nächste war ich, das Gefühl werde ich nie vergessen. Es ist als ob man aus einem kalten Kerker aus Stein in ein Eismeer geworfen wird.
    Jedes Haar am Körper ragte mir zu Berge und ich konnte außer Zittern nichts tun. Ich kann mich noch an das seelenlose Gesicht des Mannes erinnern der den Duschkopf auf mich richtete.
    Sein rechtes Auge war durch irgendeine seltsame Kamera ersetzt worden. Er blitzte mich mit seinen gesunden Augen erzürnt an und richtete den Wasserstrahl in mein Gesicht.

    Die Uniformen passten wie massgeschneidert. Niemand wurde nach seiner Größe gefragt, niemand nach seinem Namen. Wir waren namenlos, wir waren zahlenlos. Ich und mindestens 1000 andere Doppelgänger, oder war ich der Doppelgänger? standen in einer Halle und warteten auf die Waffenvergabe.
    Ich war Soldat unter dem Regiment von Sargeant O'Hannon.
    Er war kein Mann ohne Namen, jeder aus seinem Regiment kannte ihn. In mir breitete sich ein Gefühl aus das Schmerz glich. Oder war es Neid? Ich wollte auch einen Namen haben und das ich keinen haben konnte tat mir leid. Es brannte in mir. Eine unglaubliches Gefühl, ein Gefühl das einer Gier glich. Einer Gier nach Gewalt. Ich wollte O'Hannon verletzten, ihn töten.
    Denn er konnte etwas haben das ich nicht konnte und dies war eine Tatsache die nur als unfair erachtet werden konnte.
    Nun stand ich endlich vor dem Ausgabeschalter. Ein Mann dessen rechter Arm durch einen mechanischen ersetzt wurde sah mich finster an. "Waffenrang?", brüllte er.
    Nun es war als würde ich es schon ewig wissen als ob es mir einprogrammiert wurde antwortete ich, "Gardist, Sir!"
    "Nun Junge, dir fehlen noch deine Schutzausrüstung und hier, dein Lasergewehr."
    Er legte mir die kalte Waffe in die Hände. Ich umfasste sofort den Kolben und versuchte durchzuladen. "Wo ist das Enerigemodul, Sir?", fragte ich.
    Der Mann lächelte mich an, "Überstürz es nicht."

    Donnernd schlugen die Fragmentgranaten um den Schützengraben ein. "Auf Amargedon wird nicht geschlafen! Vorwärts!", brüllte O'Hannon. Und als könnte ich nicht anders packte ich mit meiner linken Hand die erste Leitersprosse und hiefte mich hinauf.
    Golden Gelbe Streifen die nur aus Licht zu bestehen schienen zischten an mir vorüber. Feuerbälle die kurz in all ihrer Pracht brannten um dann zu schwarzen Rauchsäulen zu zerfallen loderten überall auf. Ich war nicht der einzige der dem Befehl von O'Hannon folgte. Wir waren es und doch war es nur ich. Ich und meines Gleichen und dies traf tatsächlich zu.
    Noch bevor ich denken konnte rannte ich los, ich rannte und rannte. Während ich dies tat und die Geschosse an mir vorbeizischten lud ich die Waffe durch. Ich legte noch während meinem Sprint an und zielte auf das vor hasserfüllte Gesicht des Orks.
    Zischend brannte sich der Impuls neben seiner Nase in den Kopf und lies ihn noch einmal zuckend zurücksinken.
    Wieder und wieder tat ich dies. Wiederholte es als wäre Töten nur eine stupide Funktion, deren Ziel nichts weiter ist als eine Referenz die von meinem Vorgesetzten an mich übergeben wurde.
    Doch nicht alle schafften es, viele meiner Brüder starben. Ein Teil von mir starb. Und wieder wurde das Gefühl in mir stärker. Dies war falsch, dies war einfach nur falsch. Wieder wurde die Gier größer. O'Hannon musste zahlen.

    Der ewige Kampf ging weiter, die Stellung war wieder eingenommen. Doch jeder wusste das dies nur einer der vielen Orte war die fast täglich ihren Besetzer zu wechseln schienen. Hier musste um jeden Preis gekämpft werden obwohl die Stellung nichts wert war.
    Der Zorn in mir stieg und stieg. In diesen Tagen hatte ich gelernt was Hass war. O'Hannon war auch bereits eingetroffen, ich starrte in sein Gesicht. Es starrte zurück und ich erkannte es wieder. Es war das Gleiche das mich beim Gang zur Dusche beobachtet hatte.
    Ich konnte mich nicht mehr halten, "Ich sterbe nicht ohne Namen!" Das Adrenalin pumpte durch meine Adern und riss mein Gewehr hoch.
    Ich feuerte eine ganze Salve auf ihn ab. Die Impulse bohrten sich zischend in seine Brust doch er verzog das Gesicht nur voller Abscheu. "Du namenloser Abschaum verdienst es nicht für den Imperator zu sterben! Elender missglückter Versuch"
    Das letzte das ich sah war ein heller Blitz aus seiner Waffe, das letze das ich spürte war das mich eine fremde Wärme in ihre Arme nahm.
    As a man thinketh in his heart, so is he.

    - Jun Fan


    Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!

    - Erich Kästner