Formvollendung

    Formvollendung

    nicht aus meiner Feder, aber treffend formuliert:

    Ein modischer Wahn geht um in der ersten Welt und spendet all jenen Trost,die sich mit ihrer irdischen
    Hülle nicht anbfinden wollen.Die ewige Jugend,der makellose Körper gilt als universelle Eintrittskarte
    ins Märchenland des Postkapitalismus,denn Erfolg ist nicht mehr am Kontostand messbar.ES wird ganzheit-
    lich und gänzlich äußerlich getunt - also optimiert - denn der Siegeszug der sichbaren Perfektion ver-
    läuft nicht ganz ganz parallel zum Wohlstandspeck einer hedonistischen und überalterten Gesellschaft.
    Und das nicht erst seit Maria Careys zynischem Begeisterungssturm angesicht der "makellosen" Schlank-
    heit der Kinder in der dritten Welt.

    Aber von Anfang an: Während undere Brüder und Schwetsern im Arbeiter- und BauernSTaat malochten und so
    ganz ganz nebenbei die Früchte des "Rundum Sorglos Fitnessparcours" ernten konnten,hielt in den frühen
    80ern des Westens ein neu importierter Trend aus Amerika einzug, denn die Hosen und das Weltbild der
    frisch aufgebauten Bundesrepublik schienen nach den frühen Jahrzenten der Völler zu kneifen.Die Fitness-
    welle war laut,rhytmischen und Jane Fonda vermarktete mit "Aerobic" auch noch gleich ihre Hausfrauen-
    disco.Nach Kinohits wie "Flashdance" trainierten sich junge Weibchen aller sozielen Schichten im gymnas-
    tischen Wahn die Titten,pardon -Pfunde,ab und die Muskeldefinitionen an,auch auf die Gefahr hin,dann zum
    letzten Refrain der Übungskasette orgiastisch choreographiert- und Dank modischer Ganzkörpertrainingsan-
    zügen - vom Hitzschlag hingerrafft zu werden.Ganz in Sinne der damals noch standesgemäßen Trennung der
    Geschlechter,aber im zeichen der Emanzipation begann für die Jungs fast zeitgleich der Run auf die nach
    Schweiß und Eiweißpräparaten muffelnden Fitness- und "Muckiebuden".Den ein oder anderen Proteinriegel
    in der Backentasche - in der anderen Verpackung auch zur Viehzucht geeignet - kam man so den martiali-
    schen Filmidolen wenigstens im Hormonrausch nahe.Glücklicherweise war das alles nur ein kurzer Trend,
    denn außer dem sich so quälend langsamen einstellenden Erfolg war die Aufteilung zwischen Männlein und
    Weiblein wenig kommunikativ: So blieb der gestählte Körper vor allem das Statussymbol der ausdauernden
    männlichen Einzelkämpfern mit verkümmerten Libido,während bei den modischen Mädels zumeist die Geburt
    des ersten Kindes dem "Bodyshaping" ein Ende setzte.Auch sollte sich die aufkommende Grungewelle nicht
    wirklich als Soundtrack zu "Situps" und "Workouts" eignen.

    Doch die cineastisch aufgeblasenen Schönheiten und ihre janusköpfige Industrie haben einer neuen Branche
    Vorschub geleistet,blasen schon wieder ins Horn der modischen Begehrlichkeiten und beschwören den Jung-
    brunnen für den erschwinglichen Gegenwert eines doppelten Monatslohns.

    Jede Zahnarztpraxis -nicht umsonst einst Arbeitsbereich der Friseure- lässt sich mit Hilfe eines Wochenend-
    seminars zur Schönheits- und Wellness-Farm erweitern,deren Praxisgerätschaften in abschreckender Weise
    eher einer Fleischerei ähneln jedoch der mit Minderwertigkeitskomplexen geplagten Dorfdiskoschönheit eine
    Zukunft als Wochenend-Lara-Croft mit Körbchengrösse 90C suggerieren.

    Das Motto "Kleider machen Leute" durch "Hülle macht Persönlichkeit" ersetzt,glaubt sogar die breitärschige
    und flachbrüstige Schreibstubenkraft mit dem Horizont ihres 15-Zoll-Monitores,die mangelnde Aura ihres
    geschundenen Egos mit dem Image einer Dschungelamazone polieren und dann aufleuchten zu lassen- und siehe
    da,es funktioniert.Egal ob "Anderson"-Brustimplantat,Arschstütze für die männliche Bohnenstange,Wadenimplan-
    tat,"Sixpack" oder Penisverlängerung: hier gibt es auf Wunsch all die äußerlichen Eigenschaften,derer man
    sich im anonymen Internetchat brüstet und die man längst als Krönung der eigenen Existenz auserkoren hat.
    Die Schönheitsmedizin,hundertfach an Stars wie Micheal Jackson und seinen Freunden erprobt und jetzt dem
    Experimentierstadium entwachsen,ist zu einem preiswerten und effektiv organisierten Ersatzteil- und
    Wartungsprogramm für den mittleren Geldbeutel geworden und verspricht neben der in Silikon gegossenen ewigen
    Jugend einen Logenplatz im Diskodom der Einfalt.

    Vergleichsweise harmlos gibt sich da unsere Szene die schon mal ihren Mut zur Hässlichkeit,den Hang zur Ver-
    wesung und Selbstverstümmelung in den Massenmedien thematisiert wird.

    Aber auch bei uns ist das Tuning längst angekommen,freilich natürlich aus anderen Beweggründen.

    Mit Piercings,Tattoos und "permanent Makeup" aufgewertete Zeitgenossen stolpern oft mit einem halben Kilo
    Eisen durchs Leben oder ärgern sich über das Tattoo ihrer ehemaligen Lieblins- und Undergroundband,die den auf
    ewig Stigmatisierten jetzt mit lupenreiner Chartmucke in den "Top Ten"Shows der Republik blamieren.Aber zu-
    rück zum Mainstream .Nach der alsbald wirklungslos gewordenen Botoxspritze für zwischendruch gilt das
    Gesichtsmodelling als Königsdisziplin,auch wenn die Visage nach allerlei Eingriffen des mimischen Ausdrucks
    beraubt zu einer wächsernen Fratze einfriert.Das "Liposculpturing",im Volksmund auch die ordinäre Fettabsau-
    gung,mit der Ästhetik einer Kreuzung aus zwischen Dampframme und Dampfstrahlwäsche verspricht neben dem in
    Litern gemessene Kilopurzeln das bildhauerische Kunstwerk am eigenen Leibe.Da vergisst man gerne die Risiken
    des finalen Abgangs,sei es der schnelle Wundbrandtod oder das innere Verwesen wegen eines zigfach
    perforierten Darms.

    Und so wird bestimmt bald jede Falte und jedes Pfund perfekter hinweg retouchiert,die Höhen und Tiefen des
    individuellen Seins,die Biographie des Gesichts kunstfertig mit allerlei Plastik geebnet,bis kaum etwas
    übrig bleibt vom Zyklus des Menschseins.Und sollte es dann bald die blaue Pille von Morpheus geben,so könnte
    sie jeden Tag in adonis- und venus-gleicher Unversehrtheit,wie frisch aus dem Ei gepellt ihre Neugeburt und
    Auferstehung feiern,um dann mit der Begeisterung des ersten Mals die stupiden Frondienste des Globalismus zu
    verrichten bis dass der Tod sie ihrer,für die Ewigkeit mumifizierten Schale beraubt.Fehler sind korrigierbar
    und Vergänglichkeit unrelevant,so flüstert ihnen der moderne Frankenstein ins Ohr und hinterlässt die einzige
    Spur auf der Chipkarte unserer Schönheitsversicherung.

    Fragt uns im nächsten Atemzug nach unserem Alter.
    Wir wissen es nicht mehr...
    erst wenn das letzte Modell bemalt
    das letzte Base gestaltet
    das letzte Turnier bestritten

    werden unsere Frauen feststellen, dass andere Hobbies auch nicht weniger kosten




    :D
    traurig traurig
    aber wahr^^

    ob sich das einjeder eingestehen will ist eine andere sache*glaub


    edit: wäre doch wirklich nicht zu viel verlangt wenn wneigstens einer der hier reingeschaut hat auch darauf antworten würde^^...olles ignoranten pack :D

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „lothlorien“ ()

    weil er 'unsere szene' anspricht... da kann ich aus erfahrung sagen das 'unsere szene' auf ihre art und weise auch nicht wirklich anders ist als die anderen. der antimainstream ist irgendwann innerhalb der szene dann ja auch wieder mainstream.

    zum thema selbst...

    tyler sagt 'selbstverbesserung ist masturbation, selbstzerstörung hingegen...'

    me 'auch keine lösung, bringt auf dauer nicht viel'

    die werbung trägt einen großen teil zur körperkult gesellschaft bei...
    ich warte sehnsüchtig auf eine deo werbung, in der man einen übergewichtigen, schwitzenden mann sieht....

    wie kann mans ändern? soll mans ändern?
    wenn geschmäcker verschieden sind, warum gibts ein einheitliches schönheitsideal?

    +D+
    "We will take the names of the ancient angels of terra! We shall steel our hearts with courage and shield ourselves with faith! In the emperor we shall trust! Like Angels of Death we shall smite his foes!"
    Original von BrotherDanyael


    der antimainstream ist irgendwann innerhalb der szene dann ja auch wieder mainstream.



    AMEN

    das dachte ich neulich auch, als ich hinter 4 "kleenen Punkern" (Anspielung auf die uralte Trickserie aus den verdammt frühen 80'ern) in der BIM saß und diese sich über Style's und wer von ihnen einen eigenen hat und wer nur einem Trend nachrennt, unterhielten .... ich dachte in diesen 10 Minuten manchmal ich muss mich anmachen.

    Ich hab auch keinen Dunst, was genau der Autor mit "unserer Szene" meint. Mir ist weder der Name des Autors noch die Szene aus der er enspringt bekannt.
    erst wenn das letzte Modell bemalt
    das letzte Base gestaltet
    das letzte Turnier bestritten

    werden unsere Frauen feststellen, dass andere Hobbies auch nicht weniger kosten




    :D
    Morgn
    Klingt sehr nach einer sehr anarchistischen Gruppierung. Allerdings muss ich folgendes dazusagen:
    Ich bin seit dem Bundesheer alles andere als athletisch (vorher war ich zumindest fit), und kenne genug Leute, denen es ähnlich geht, wie mir. Allerdings habe ich nicht den Drang, mir Muskeln vom Durchmesser einer hundertjährigen Eiche anzutrainieren, oder mir meine Gesundheit durch irgendwelche Präparate zu ruinieren. Ich tue schon etwas für meine Fitness, und will auch den kleinen Polster von der Grenze abtrainieren, aber übertreiben werde ich es nicht, und ich mache das nicht, um dem Mainstream zu folgen.
    Obiger Artikel hat im Grund genommen 2 Aussagen:
    1. (die allgemeine) das man nicht dem Mainstream folgen soll, sondern seine Individualität ausleben muss, um erfüllung zu finden, und
    2. (die spezielle) dass einer dieser Mainstreams die Mode in allen nur erdenklichen Formen ist.
    Im Grunde genommen gute Kernaussagen, denen ich grundsätzlich nur beipflichten kann, jedoch in dermaßen populistischer, demagogischer Verpackung im Stile eines Parteitagsredners im Berlin der 60er Jahre (ausnahmsweise nichts gegen Preußen ;) aber der historische Zusammenang sollte klar sein), sodass sich mir jedes einzelne Haar sträubt, wenn ich solche Reden (denn ein Artikel ist dies nicht) lese.
    Bezüglich Zagis Erzählung: Anarchisten sind sowieso die witzigsten, denn sollte man sie mal darauf (so, wie übrigens jeden, der einer radikalen politischen Idee anhängt) ansprechen, wofür sie überhaupt stehen, und was die Grundprinzipien dessen sind, können sie im Grunde genommen keine zufriedenstellende Antwort liefern, abgesehen von Parolen und dummen Sprüchen. In Endeffekt hat die Anarchistenbewegung (abgesehen von der Sinnlosigkeit der radikalen Kernaussage) auf voller Linie versagt, indem sie eine eigene Subkultur begründet hat, die eigene Mainstreams bildet und verfolgt.
    Frei nach dem Motto: "Ich werde jede Ordnung und Einschränkung durch Behörden, Staat und sonstige Machthaber beenden, wer wird mir folgen?"
    primär historisches in 15mm (Schottland so weit das Auge reicht)
    in FOG terms: Swordsman, Bow*
    langsamer Maler


    WoW/Keepers-Altpräsident und für die Idee begeistert, eine Carrerabahn im ganzen Clublokal zu installieren