Trojanus - Kapitel 1+2

      Trojanus - Kapitel 1+2

      Tag die Herren

      Hatte im Frühjahr begonnen zu schreiben.
      Eine Geschichte die in Aventurien (DSA-Spielewelt)
      beheimatet ist. Für jene die "das schwarze Auge" nicht
      kennen werden manche "Begriffe/Bezeichnungen" fremd sein -
      bitte ignorieren!
      Hab grad mal 2 Kapitel fertig bekommen.
      Bitte um Feedback der geneigten Fantasy Leser / Spieler.
      Werd versuchen das fortzuführen und möchte dabei versuchen
      auf Anregungen / Kritik einzugehen und mich verbessern.
      Danke.

      1.
      Langsam aber stetig steigt das Antlitz des Herrn Praios am Horizont, im Osten, hoch. Die Nebelschwaden, die den Karrenweg bis vor kurzem noch bedeckt haben, lösen sich zügig auf und ein wunderschöner, göttergefälliger Windstag kündigt sich an.
      Trojin ist mit seinen Eltern unterwegs um Waren von Festum nach Kiefernwalde, ein Dörfchen zwei Tagesreisen von Festum entfernt, zu bringen.
      Eigentlich sind die beiden nur seine Zieheltern die ihn aufgenommen, erzogen und geliebt haben wie ihre eigenen Kinder. Die frommen Menschen sind Fuhrleute in der dritten Generation und auch Trojin hat dieses Handwerk, wie seine jüngeren Stiefbrüder, von seinem Ziehvater erlernt.
      So ziehen sie mit drei Wagen in den frühen Morgenstunden des zweiten Tages Richtung Norden um für das Handelshaus Störrebrant die Waren nach Kiefernwald zu liefern.
      Vorneweg der Vater, ein gestandener Bornländer mit 1 Schritt und 92 Spann, groß und kräftig aber ein herzensguter Mensch.
      Den zweiten Wagen lenkt die Mutter. Eine noch imposantere Erscheinung als der Vater, ist sie doch eine Thorwalerin von Geburt. Einstmals Steuerfrau auf einem der schlanken, schnellen Drachenboote des stolzen Kriegervolkes hat sie sich bei einem Landaufenthalt, in der Hafenstadt Festum der Heimat ihres Mannes, in den ruhigen gutherzigen Menschen verliebt. Frau Rahjas Drängen war so stark das sie kurzerhand das Piratenleben aufgegeben und zur Fuhrmannsfrau geworden ist.
      Den dritten Wagen schließlich lenkt Trojin. Ein ruhiger, kluger Junge den man durchaus für den Sohn der beiden halten könnte. Mit seinen fünfzehn Götterläufen ist er fast schon ein Mann.
      Größer als der Ziehvater, mit der kräftigen Statur der thorwalschen Ziehmutter, dichtes braunes Haar und klare grüne Augen ist er keine Schönheit aber ein ganz passabler Anblick. Ohne große Anstrengung und mit sicherer Hand lenkt er das Gespann und hält den Wagen auf sicherem Abstand zu dem seiner Mutter.
      Seine Gedanken allerdings sind weit weg. Er träumt seinen liebsten Traum. Den, ein Held Aventuriens zu werden. Seine Mutter, die geschult ist im Umgang mit den verschiedensten Waffen und diese auch in ihrer Jugend benutzt hat, zeigte ihm schon so manchen Abend ein paar Bewegungsabläufe im Schwertkampf. Gierig hat er das Wissen das sie ihm vermittelt in sich aufgesogen und seit einem Götterlauf drängt er die Eltern ihn doch auf eine Kriegerschule zu senden.
      Gerne würden die beiden seinem Wunsch gerecht werden doch die Familie ist groß und jede Hand wird benötigt um die hungrigen Mäuler durchzubringen. Sobald der Bruder, das erste Kind seiner Zieheltern, das Alter erreicht hat um Trojins Arbeit zu tun und der Herr Phex es gut mit der Familie und ihrem kleinen Fuhrwerksunternehmen meint, dann - vielleicht dann kann Trojin seinen Wunsch verwirklichen.
      Immerhin, so versucht er die Eltern immer wieder zu überzeugen, wurde ihm der Beruf des Kriegers in die Wiege gelegt. Denn geboren am fünften Rondra, am heiligsten aller Feiertage der göttlichen Leuin, ist es von den Göttern wohl vorherbestimmt das er in ihrem Namen für Gerechtigkeit und für das Gute auf Dere in den Kampf zieht.
      Oft besucht er den Tempel der Herrin in Festum und sieht mit einer unendlichen Sehnsucht im Blick auf die Kämpen die schwer gerüstet das Gotteshaus besuchen um Rondra für einen Sieg zu danken oder sie darum zu bitten.
      Der oftmalige Aufenthalt des Jungen im Tempel blieb nicht ungesehen und so hat ihn eines schönen aber bitterkalten Markttages im Firun ein Novize des Tempels angesprochen und verängstigt aber neugierig ist ihm Trojin gefolgt.
      Eine Geweihte der Herrin hat ihn in einem warmen, lichtdurchflutetem Raum empfangen. Er bekam heißen Tee und hat sich lange Zeit mit der Priesterin Rondras unterhalten. Sie wollte alles von ihm wissen. Wer er sei, woher er kommt, warum er so oft im Tempel anzutreffen ist, und noch vieles mehr.
      Am Ende hat sie ihm noch die Räume des Tempels gezeigt in dem die Opfergaben der Gläubigen aufbewahrt werden. Waffen und Rüstungen aus fremden Ländern und von fremden Kulturen durfte er sehen und manche sogar berühren. Staunend, mit offenem Mund entlies ihn die Geweihte dann, nicht ohne ihm den Segen der Herrin zu geben, und Trojin machte sich glücklich und in seinem Entschluss, Krieger zu werden, bestärkt auf den Heimweg.
      Noch immer von einer glorreichen Zukunft träumend sitzt unser junger Recke auf seinem Wagen. Brutal reißt ihn das namenlose Gegrunze und Gebrüll, das plötzlich am Wegesrand erklingt, aus seinem Tagtraum. In Bruchteilen eines Augenblicks ist er hellwach und sein Blick fliegt herum um die Ursache dieses Lärms zu erkunden.
      Als er die fünf pelzigen, menschenähnlichen Wesen mit vorspringendem Kinn und Hauern, wie bei Wildsauen, sieht durchzuckt es ihn ? ORKS!
      Er kennt sie aus Erzählungen der Mutter, die in ihrer Jugend gegen diese Ausgeburten des Namenlosen schon gefochten hat. Aber hier im Bornland. Am anderen Ende Aventuriens?
      Woher sind sie ...??
      ?Flieh, Trojin?, schreit die Mutter, ?Versteck dich!?
      Trojin springt vom Wagen und läuft in die entgegengesetzte Richtung davon. Nach fünfzig Schritt jedoch bleibt er stehen und blickt zurück.
      Der Vater, nur mit einem Knüppel bewaffnet, schlägt sich mit zwei der Zwölfgötterlästerlichen Kreaturen. Der Kampf ist unausgeglichen da die beiden mit Säbeln und Schild bewaffnet sind und offensichtlich vom Kriegshandwerk etwas verstehen. Für jeden Hieb den der Vater anbringt erhält er eine Wunde zugefügt und wenn die Götter kein Wunder geschehen lassen, wird er diese Auseinandersetzung nicht überstehen.
      Seinen Blick vom Vater abwendend sieht Trojin die Mutter, mit einer Axt bewaffnet, soeben einen der Strolche niederstrecken. Ein zweiter der Orks sitzt, offensichtlich bereits verwundet, einige Schritt von ihr entfernt im Gras und presst sich eine Klaue in die Seite.
      Der verbliebene Gegner der Mutter, ein großer schwer gerüsteter Ork, wahrscheinlich der Anführer dieser Räuberbande, beginnt nun mit wuchtigen Säbelhieben die Thorwalerin zu bedrängen. Links und rechts prasseln die Attacken des ?Tiers? auf die Mutter ein. Aber die Thorwalerin, geschult in vielen Kämpfen, kann den wütenden Hieben des Orks immer geschickt ausweichen. Einen unachtsamen Moment des Gegners ausnutzend duckt sie sich unter dem Säbel des Orks hindurch und schlägt mit Ihrer Axt wuchtig zu. Tief fährt die Waffe dem Ork in die ungeschützte Seite.
      Aufbrüllend, seine dunklen Götter anrufend wirft er sich herum. Die Axt, die im Körper des Orks feststeckt, wird der Mutter aus der Hand gerissen. Waffenlos steht sie dem Ungetüm gegenüber. Bösartig blitzende kleine Augen fixieren sie und mit einem schnellen Vorstoss treibt der Ork seinen Säbel der Thorwalerin in die linke Schulter.
      Diese taumelt rückwärts und stolpert über den reglos am Boden liegenden Gegner den sie kurz davor niedergestreckt hat. Der Ork der ihr nachsetzen will taumelt selbst und fällt auf die Knie. Die Axt die in seinem Körper steckt dürfte ihn doch schwer verletzt haben.
      Ein Aufschrei lässt Trojins Blick wieder zum Vater fliegen. Dieser sinkt soeben in die Knie, einen Säbel in der Brust.
      ?Rondra, Praios helft?, schreit Trojin und mit Tränen in den Augen stürzt er in Richtung seines am Boden liegenden Vaters.
      Was Trojin nicht sah ist, das der Vater selbst einen Gegner zu Boden geschickt hat und der verbliebene, der ihn schwer verwundet hat, sich der Mutter die wieder auf die Beine gekommen ist zugewendet hat. Die Thorwalerin die sich den Säbel eines Gefallenen angeeignet hat kämpft mit dem noch unverletzten Gegner. Mit den letzten Kräften, beflügelt durch die Sorge um den am Boden liegenden Gatten und des daneben Knieenden weinenden Ziehsohnes, tötet sie den letzten Gegner um dann selbst das Bewusstsein zu verlieren und ins Gras niederzusinken.
      Trojin der neben seinem Vater kniet entgeht dies alles. Die Tränen rinnen ihm über die Wangen und er zittert am ganzen Körper. Der Vater spricht stockend und nach Atem ringend zu ihm.
      ?Trojin, mein guter Junge. Der Herr Boron ruft mich zu sich. Du mußt nun für die Familie sorgen und die Mutter unterstützen so gut du vermagst. Es tut mir leid das dein Wunsch Krieger zu werden nun nicht mehr in Erfüllung gehen kann. Aber wer weiß, der Weg der Götter ist unergründlich. Achte auf deine Geschwister, ... mein Sohn.?
      Die Stimme, am Ende nur mehr ein Flüstern, erstirbt und mit ihr der Vater. Ein braver gutherziger Mann der viel zu früh in die Hallen des Herrn Boron eingetreten ist.
      Leise mit Tränen erstickter Stimme flüstert Trojin, ?Golgari, Geleiter der Seelen, führe den Vater. Gütige Marbo, Tochter unseres Herrn Boron, nimm meinen Vater auf in den Hallen des ewigen Schlafes und schenk ihm Frieden.?
      Die Tränen der Trauer versiegen und an ihre Stelle treten Tränen der Wut und des Hasses. Der Junge springt auf und sieht sich um.
      Die Orks liegen allesamt tot, schwer verletzt oder bewußtlos am Boden. Auch die Mutter, ohne deren Kampfeswillen Trojin selbst bereits bei Boron und die Orks mit der Habe der Familie Janske bereits über alle Berge wären, liegt mit ausgestreckten Gliedmassen im Gras.
      Die Woge der Übelkeit, die Trojin zu übermannen droht, bekämpfend schnappt sich der Junge einen Säbel der Orks und läuft von Gegner zu Gegner um wütend auf sie einzustechen.
      Diese unüberlegte, aus der Wut, dem Hass und dem Zorn auf die Orks geborene Handlung rettet Trojin an diesem Tag zum zweiten Mal das Leben. Denn der vom Vater nur bewusstlos geschlagene Ork war bereits im Begriff sein Bewusstsein wiederzuerlangen.
      Erschöpft und innerlich leer beendet Trojin sein grausiges Werk. Plötzlich fällt ihm ein das er nach der Mutter sehen muß. Vielleicht haben die Götter wenigstens über sie eine schützende Hand gehalten. Er wirft die blutbesudelte Waffe, die er immer noch verkrampft festhält, weg und stürzt zum leblosen Körper der Mutter.
      Als er den schweren Körper auf den Rücken dreht, sieht Trojin die große Blutlache die bereits ins Erdreich versickert. Neuerlich von Traurigkeit überschwemmt versucht er ein Lebenszeichen zu erkennen. Er hält sein Ohr an ihren Mund um zu spüren ob ein leiser Tsahauch sie noch durchströmt. Doch vergeblich. Die Mutter ist, wie der Vater zuvor, gestorben und in die Hallen Swafnirs, des thorwalschen Walgottes, gegangen.
      Von Kummer gebeugt, weinend sitzt der Junge, den Kopf der Mutter im Schoß und ihr Haar streichelnd, im Gras. Den näher kommenden Hufschlag einiger Pferde hört er nicht. Wie im Traum läuft das Geschehen das folgt für ihn ab.
      Männer in Festumer Stadtgardeuniformen kommen. Einer kümmert sich um ihn. Eine Decke wird über seine Schultern gelegt und sanft führt man ihn vom Ort des Todes weg. Der Soldat der sich um ihn kümmert setzt ihn auf einen der Wagen und gibt ihm etwas zu trinken.
      Ein übel schmeckendes Zeug das beim Schlucken brennt aber dann ein warmes Gefühl im Magen erzeugt.
      Die anderen Soldaten verscharren die Orks und legen die toten Körper der Eltern auf einen anderen Wagen.
      Trojin spricht auch mit den Männern. Beantwortet ihre Fragen, weiss aber im nächsten Moment nicht mehr was er gesagt hat oder was er gefragt wurde. Nach einiger Zeit, Minuten oder Stunden, sind die Soldaten fertig. Die Wagen werden gewendet. Auf jedem nimmt ein Mann Platz um das Fuhrwerk zu lenken.
      Die anderen sitzen auf und der Zug setzt sich in Bewegung. Heim, in Richtung Festum.
      Auf der Fahrt nach Hause wird Trojin bewusst das er nicht länger den Verlust beweinen darf. Trauern wird er noch lange, vielleicht für immer, aber der Vater hat ihm eine Verantwortung auferlegt. Kümmere dich um die Familie, hilf der Mutter. Nun, auch die Mutter ist nicht mehr und jetzt muß er sich um die Geschwister und das Fuhrwerksunternehmen kümmern. Er muß nun stark sein. Bei den Zwölfen, er muß den Geschwistern ein Halt und eine Stütze sein.
      Und das Geschäft. Irgendwie wird auch das weitergehen. Der Herr Störrebrandt, hart aber fair, hat der Vater immer gesagt. Ja, der erste Weg in Festum wird zum Handelshaus sein und ja, er wird das schaffen.
      Er setzt sich wieder aufrecht am Wagenbock hin. Die Tränen versiegen und sein Blick wird hart. Stur blickt er geradeaus den Weg entlang. Viele Gedanken kommen und gehen auf der Fahrt. Aber einer beschäftigt ihn besonders. Die Familie zu versorgen und doch noch Krieger zu werden. Und dann gegen die Orks zu kämpfen. Ihnen alles heimzahlen. Die Zieheltern die ihn wie ihren Sohn aufgezogen haben zu rächen ......
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      RE: Trojanus - Kapitel 1+2

      2. Dreissig Jahre später.

      Die Nacht senkt sich über Festum. Bedeutenste Hafenstadt der Aventurischen Ostküste und Hauptstadt des Bornlandes.
      Ganz im Gegensatz zum übrigen Bornland erfreut Festum den Reisenden mit einer bunten Vielfalt an Völkern.
      Der grimmige Bornläder, der rauflustige Thorwaler, der gestelzte Horasier, heißblütige Novadis, eingebildete Mittlereicher, sogar pelzige Goblins und viele mehr bevölkern die Strassen der Stadt.
      Ein prächtiges Bild solange Herr Praios sein Antlitz auf Dere scheinen und die Stadt in seinem Licht strahlen lässt.
      Die Tempel, der Markt und der geschäftige Hafen laden den Besucher ein zu verweilen und den Trubel Festums zu genießen.
      Sobald die Dunkelheit in den Strassen Einzug hält, kommen die lichtscheuen Gestalten aus ihren Ecken und Winkeln gekrochen. Bettler, Diebe, Räuber und übles Mordgesindel.
      Die Stadtwache, unterbesetzt und schlecht bezahlt wie überall in den Städten Aventuriens, kann nicht alle Bezirke kontrollieren und überwachen.
      So beschränkt sich ihre Tätigkeit auf die Wohnbezirke der Wohlhabenden, das Tempel- und Händlerviertel, sowie auf den Hafen. Wo jede Nacht unzählige Schlägereien und bewaffnete Händel ausgetragen werden, die es zu schlichten und zu protokollieren gilt.
      Andere Stadtteile, wie das Vergnügungsviertel haben ihre eigenen Gesetze oder privaten Schutzmannschaften von Söldnern aus ganz Aventurien. So mancher Besucher fühlt sich außerdem Manns oder Frau genug sich selbst zur Wehr zu setzen, bis in einer dunklen Gasse sein Blut versickert für die paar Silbertaler die er sein Eigen nannte.
      In der Dämmerung der Abendstunde schreitet ein Mann durch die engen Gassen des Füllenviertels, in Richtung Hafentor.


      Die Häuser links und rechts der Gasse hinterlassen beim Betrachter einen verwahrlosten Eindruck. Abgewohnt und Baufällig sind die meisten Gebäude und doch hausen die Ärmsten hier um wenigstens ein Dach über dem Kopf zu haben. Das Füllenviertel rühmt sich seiner Tavernen, Badeanstalten und Lusthäuser. Aber abseits der bunten, lichtdurchfluteten Vergnügungsstätten zeigt sich das hässliche Gesicht der bornländischen Hauptstadt.
      Der Mann, der zügig aber nicht schnell die Gasse durchquert, passt gar nicht in das Bild dieses Stadtteils.
      Er wirkt wie ein reicher Kaufmann mit den glänzenden Stiefeln, der hellen Leinenhose, dem seidig glänzenden Hemd und dem modischen Hut mit Feder. Einer der sich wohl verirrt hat nach dem Besuch eines rahjagefälligen Lusttempels. Er wirkt jedoch nicht beschwingt wie jemand der soeben Rahja geopfert hat. Noch gewinnt man den Eindruck das er betrunken ist oder seine Sinne vom Rauschkraut oder anderen Opiaten vernebelt sind.
      Das Bild des Kaufherrn wird auch gestört von der nietenbesetzten Lederweste und dem gegürteten Schwert an seiner Seite. Die Weste wirkt gepflegt aber dennoch bemerkt der kundige Betrachter die abgewetzten Stellen und die erneuerten Nieten. Das Stück hat seinem Besitzer offensichtlich schon gute Dienste geleistet und so manche schwere Verletzung verhindert. So wie ebenfalls der Schwertgurt mit Scheide, beim geschulten Auge, einen gepflegten aber abgenutzten Eindruck hinterlässt.
      Der Mann selbst geht aufrecht, ist groß und wirkt kräftig. Er selbst scheint kein junger Heißsporn mehr zu sein. Graue Strähnen im Bart und Falten im Wettergegerbten Gesicht lassen die fünfundvierzig Götterläufe, die er zählt, erahnen. Die Grünen Augen jedoch fliegen aufmerksam von links nach rechts und nehmen jedes Detail wahr.



      So auch die beiden Schatten die sich auf der Strasse vor ihm abzeichnen. Zwei Menschen die sich in der Dunkelheit der nächsten schmalen Gasse verbergen. Die aber dennoch von einer schwachen Lichtquelle aus einem der dicht stehenden, alten Häuser erfasst werden und sich so dem nächtlichen Wanderer verraten.
      Vorbereitet auf das kommende, die linke Hand am Dolch in einer am Rücken verborgenen Gürtelscheide, können die Angreifer den Mann nicht mehr überraschen.
      Zwei ausgemergelte, mit schartigen Messern bewaffnete Gestalten tauchen hinter der Häuserecke hervor. Sie sind schmutzig und ihre Kleidung hängt nur in Fetzen von ihren Körpern. Vor Schmutz starrend, die Haare in Zoten herabhängend und der Bart des Älteren verfilzt, stehen die Verzweifelten der Strasse vor ihm.
      Die Hände mit den Waffen zittern und der offensichtlich Ältere krächzt hysterisch, ? Her mit den Silbertalern wenn dir dein Leben lieb ist! Reicher Bastard?
      Ohne Angst mustert der Angegriffene die beiden Räuber und spricht im Flüsterton, ? Freunde macht euch nicht zum Narren. Ich will euch nicht zu Boron senden. Dies ist keine Rondragefällige Tat. Weder für euch, noch für mich. Steckt die Messer weg und bleibt am Leben. Ihr bekommt eine Hand voll Heller von mir. Kauft euch warme Suppe und eine Decke für die kommenden kalten Firunsnächte. Mehr kann und will ich euch nicht anbieten.?
      Der Jüngere, dessen Miene sich aufhellt, scheint das Angebot zu erwägen denn er lässt seine Messerhand sinken. Sein angespannter Ausdruck verschwindet, sein Körper entspannt sich und er scheint froh das die Situation scheinbar ohne Gewalt ablaufen wird.
      In den Augen des Älteren jedoch brennt Hass.
      Nicht auf den Mann vor ihm. Er hasst alle die es besser getroffen haben als er selbst. Das seine Spielsucht und sein Hang zum Premer Feuer ihn in die Gosse gezwungen haben, vergisst er gern. Die Wut auf sich selbst und der Hass allem und jedem gegenüber machen ihn Blind. Er kann nicht abschätzen wie unterlegen er dem Mann ist. Wie nahe er den Hallen des Herrn Boron steht.
      ?Du überheblicher, reicher Schweinehund! Mit ein paar Hellern willst du uns abspeisen und trägst eine fette Geldkatze voll Silbertalern mit dir herum?, schreit er und springt vorwärts.
      Der Mann weicht spielerisch, kaum merkbar zur Seite. Nur einen halben Schritt, ohne Kraftaufwand. Seine linke Hand vollführt einen Bogen von seiner linken Hüfte zu seiner rechten Schulter.
      Ein kurzes Röcheln, das nicht mehr zum Schrei werden konnte und mit dumpfen Aufprall liegt der Körper des räuberischen Bettlers im Schmutz der Festumer Strasse.
      Das Blut pumpt aus der durchschnittenen Kehle des Räubers und vermengt sich mit dem Morast der Gasse. Tsa`s Lebenshauch entweicht seinem aufgerissenen Mund und die Augen blicken ungläubig zu dem ruhig dastehende Mann an seiner Seite. Verzweifelt versucht der am Boden liegende nochmals seine Messerhand zu heben, doch vergebens. Mit einem letzten Seufzer und Zittern der schmalen Schultern stirbt er in der dunklen Gasse.
      Der Jüngere steht mit offenen Mund und schreckgeweiteten Augen da. Starr und verkrampft sieht er wie der Mann, den sie eben noch berauben wollten, sich zu seinem Kumpan hinunter beugt und den Dolch an dessen Lumpen säubert. Mit schnellen gekonnten Bewegungen, ohne den Jungen aus den Augen zu lassen, erledigt er dies.
      Während er sich aufrichtet und den Dolch in der Gürtelscheide verstaut mustert der Krieger den jungen Strassenräuber und versucht ihn einzuschätzen. Er prüft ihn mit seinem, in unzähligen Begegnungen und bewaffneten Auseinander-setzungen geschultem Instinkt. Und hält dessen Blick mit seinen grünen Augen gefangen.
      ?Wie ist dein Name??
      ?Ouvenmas, Herr. Jan Ouvenmas?, kommt leise die Antwort.

      ?Wie alt bist du, Jan??
      ?Vierzehn Götterläufe, Herr... oder Fünfzehn. Das weiss ich nicht .. nicht so genau.?, stammelt der Bursche.
      ?Gut, Jan Ouvenmas. Hör mir zu.?, spricht der Mann, der soeben in Sekundenbruchteilen einen Angreifer getötet und Jan selbst in Angst und Schrecken versetzt hat.
      ?Ich weiß nicht in welcher Beziehung zu diesem Gezücht des Namenlosen, zu unseren Füßen, stehst.?
      ?Er hat mir zu Essen gegeben nachdem meine Mutter starb und ich musste ihm zu Willen sein?, flüstert der Junge.
      ?Das ist nun wohl vorbei?, unterbricht der Mann Jan wieder, ?So etwas musst du dir nicht mehr Gefallen lassen. Ein Mann darf sich zu nichts zwingen lassen. Wenn du stark bist und dein Leben selbst in die Hand nimmst dann werden die Götter auf dich blicken und dir beistehen. Das Schicksal und die Götter haben es auch gut mit mir gemeint, denn auch ich war Weise und hatte das Glück von liebevollen Menschen aufgenommen zu werden. Kennst du das Fuhrwerks-unternehmen Janske??
      ?Ja, Herr?
      ?Gut. Geh dort hin und klopfe an der Hintertür. Eine große, etwas rundliche Frau, die dich böse anblicken wird, wird dir öffen?, erklärt der Herr, ?Du sagst das dich Trojanus sendet und wünscht das...!?
      ?Ihr seid DER Trojanus, Herr?, ruft Jan voll Ehrfurcht und Staunen. Seine Augen, was fast unmöglich schien, werden noch größer und seine Haltung erinnert an die Rekruten der Festumer Garde beim Morgenapell.
      ?Ja, der bin ich. Hör zu, und unterbrich mich nicht?, erwidert Trojanus etwas ärgerlich.
      ?Selbstverständlich, Herr. Entschuldigen sie, Herr?, murmelt Jan und steht mit offenem Mund vor ihm.




      ?Gut.? Trojanus kann sich nun doch ein Lächeln nicht verkneifen. ?Die Frau ist, so etwas wie die *Haushälterin* der Familie. Du richtest ihr aus, sie soll dich füttern, dich waschen und ins Bett stecken. Ich kümmere mich morgen um dich. Hier gib ihr das damit sie dir glaubt.?
      Trojanus zieht einen silbernen Ring von seinem Finger und gibt ihn an Jan. Das Schmuckstück wirkt schlicht aber schön gearbeitet und wen Jan ihn genauer betrachten würde, könnte er die zarte Gravur ?Elevina? erkennen.
      Jan nimmt den Ring an sich und hält ihn fest in seiner geschlossenen Faust. Von nichts und niemanden würde er sich diesen Silberring entwenden lassen.
      Ungläubig starrt er den Mann vor sich, noch immer, an. *Trojanus*, der Name füllt sein Denken. Der TROJANUS. Södner, Abenteurer, ein Held Aventuriens im Kampf gegen die Dämonischen Horden. Andererseits hat er Filas, seinem ungeliebten älteren *Beschützer* vor kurzem noch, kaltblütig die Kehle durchgeschnitten. Gut Filas wollte ihn berauben, hat ihn angegriffen, aber... Ihr Götter helft mir, denkt der Junge.
      Jan weiss nicht wie ihm geschieht. Was er von all dem halten soll. Unentschlossen steht er da bis ihn die Stimme Trojanus in die Realität zurückholt.
      ?Jan. Junge. Ab mit dir und denk nicht einmal daran mit dem Ring stiften zu gehen. Den hab ich von meinem Eheweib und beide, Sie und der Ring, sind mir lieb und teuer. Ich finde dich. Egal wo du dich verkriechst!?
      Mit der Gewissheit das ein TROJANUS ihn mit Sicherheit finden würde läuft Jan los. Er muss ans andere Ende der Stadt aber er läuft und läuft. Durch die schmutzigen Gassen des hinteren Füllenviertles. Vorbei an den Tavernen und Lasterhöhlen der großen Sündenmeile. Hinaus beim Tor, dem westlichen Zugang zum Vergnügungsviertel.
      Beflügelt von vielen Gedanken lässt er den Tempelbezirk und den, zu dieser späten Stunde, bereits geschlossenen Markt hinter sich.
      Er wird heute noch vernünftiges Essen bekommen. Darf sich säubern. Bekommt vielleicht richtige Kleidung. Kann in einem warmen Bett schlafen. Durfte einen Helden Festums kennen lernen. Ist noch am Leben und vielleicht haben ihn die Götter auf einen neuen Weg gebracht.
      Wie Trojanus sagte, ?Der sein Leben selbst in die Hand nimmt, dem helfen die Götter.?
      Und Jan hat vor genau dies zu tun.
      Ein Gefühl, wie Glück, das er schon lange nicht mehr kannte, durchströmt ihn auf seinem Weg in eine vielleicht bessere Zukunft.
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