Helden in der Nacht

      Helden in der Nacht

      Ein eisiger Wind heulte zwischen den Gräbern hindurch, die im dunklen Wald vor sich hin moderten. Laub, grau und von Tod zerfressen, fiel schon beim kleinsten Luftzug von den alten, knorrigen Bäumen. Die Erde stank förmlich nach Verwesung und in der Luft lag der Duft des Todes. Kein Vogel sang, kein einsames Eichhörnchen sprang von Ast zu Ast, es war totenstill. Die zwei Monde, der mächtge Mannsleib und sein von Warpstein zerfressener Bruder Morrsleib waren die einzigen Lichtquellen an diesem trostlosen Ort, Mannsleib mit seinem weißen Licht, Morrsleib mit seiner giftgrünen Aura des Chaos.

      Und dennoch bewegten sich Gestallten durch die Nacht. In langen Roben gekleidete Gestallten drangen in das Refugium der Toten ein, fünf verschiedene Prozessionen, die vor sich hin skandierten.

      Die Erste Gruppe von Robenträgern trug ein seltsames Banner vor sich her, einen goldenen, achtzackigen Stern, der auf einer Bannerstange befestigt worden war, die aus Knochen zu bestehen schien.

      Die Zweite Prozession trug ein änliches Zeichen, allerdings ähnelte dieses mehr einem Schädel. Die Kuttenträger der zweiten Prozession waren mit riesigen, brutalen Zweihandäxten bewaffnet, die selbst aus zwanzig Metern Entfernung noch nach Blut gerochen hätten.

      Die Dritte Gruppe verhielt sich wie eine Horde Aussätziger, denen man das Hirn im Schädel gekocht hatte. Sie brabelten und lallten vor sich hin, während sie eine Fliegenstandarte vor sich her trugen.

      Die vierte Gruppe war kein bisschen besser. Selbst in der Schwärze der Nacht konnte man erkennen, dass sie in schrillen Farbtönen gekleidet waren. Jedes Mitglied der Gruppe schien sich außerdem mit einer Neunschwänzigen Katze aus Stahl zu geiseln, während es einer Standarte folgte, die aus einer gefolterten Frau zu bestehen schien.

      Die Letzte Gruppe schien am seltsamsten zu sein. Jeder Kuttenträger bewegte sich irgendwie Mechanisch, als wäre er eine Maschine. Alle Mitglieder trugen lange Stangen, die Flammenstatueten zierten.

      Die Gruppen strebten eindeutig ein Ziel im Zentrum des Friedhofes an, Wo sich die Ruinen eines alten Tempels erhoben. Im Tempel selbst stand eine geflügelte Gestalt, die damit beschäftigt war, mit einem Gemisch aus Blut, Unrat, Sperma und Urin ein Pentagramm auf den Tempelboden zu zeichnen. Die Gruppen selbst begannen sich derweil um jeweils eine Spitzte des Pentagramms zu sammeln, während sie einen Gesang anstimmten, der einem geistig gesunden Menschen bestimmt den Verstand geraubt hätte.

      "Sieg dem Ungeteilten Chaos!!" brüllten die Ersten, stählerne Rüstungen und Schwerter emblösend.

      "Blut für den Blutgott, Schädel für den Schädelthron!!" grölte die zweite Gruppe, Wilde Barbaren, die ihre Pelzkleidung mit Blut von ihren Äxten beschmierte.

      "Papa Nurgle!!" rülpste die dritte Gruppe, die ihre Kutten abgelegt hatte und nun ihre von Krankheiten verheerten Körper mit Unrat einrieb.

      "Slaanesh, nimm uns auf, beglücke uns mit deinem Moschus!!" seufzte die vierte Gruppe, die mittlerweile sich ihrer Gewänder entledigt hatte um mit einer Massenvergewaltigung aller ihrer weiblichen Mitglieder zu beginnen. Im Licht der Monde konnte man deutlich ihre alabasterfarbenen Körper sehen.

      "Der Wandler der Wege wandelt auf allen Wegen des Schicksals, da er sie selbst gebaut hat!!" skandierten die Priester der letzten Gruppe. Sie hatten große Folianten aufgeschlagen und rezitierten nun aus diesen.

      Der Große Dämon Raknor stand im Zentrum des ganzen. Er bewunderte die Anhänger des Chaos, des Khorne, des Nurgle, des Slaanesh, des Tzeentch. Alles schien genau nach Plan zu laufen. Bald würde die große Anrufung, die den Untergang dieser Welt besiegeln würde, beginnen. Bald würde sich das Portal zum Äther öffnen, um eine Ewige Herrschaft des Chaos einzuleuten. Doch etwas beunruhigte seine uralten Sinne, er fühlte sich belauscht, obwohl er sicher war, dass er jedes Tier auf diesem Friedhof geopfert hatte.

      Was er jedoch nicht wusste war, dass sieben Gestallten das Ritual beobachteten....

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      Die junge Hexenjägerin Isabell von Richthofen spuckte verächtlich aus, als sie das Ritual der Ketzer betrachtete. Sie schüttelte den Kopf über solche Torheit, während sie versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Noch nie hatte sie einen Kult in solch einer Größenordnung gesehen, obwohl sie schon viele Anhänger der dunklen Mächte gesehen und noch weit mehr getötet hatte. Sie küsste den kleinen Sigmar- Hammer, den sie an einer Halskette trug. Nein, hier würde sei nicht versagen. Der Anblick ihres gesegneten Schwertes ließ ihre Zuversicht noch weiter steigen, worauf hin sich ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen zeigte. Nicht das es jemand gesehen hätte, denn eine große Menge Narbengewebe verunstaltete ihr ansonsten so hübsches Gesicht.

      Isabell wandte sich daraufhin ihren Gefährten zu. Da war der Bandit Boris, der seit zehn Jahren für sie Schlösser knackte und Ganoven aushorchte. Er war extrem gut aussehend, man hätte ihn für einen Adligen gehalten, wären da nicht seine Schlangenaugen gewesen. Isabell beobachtete ihn, während er seine Waffen, eine Reihe scharfer Kampfdolche, mit Weihwasser besprenkelte. "Ich hätte das Keuschheitsgelübde schon viel früher mit ihm brechen müssen!" dachte sie resigniert, während sie ihren Kopf den Gestallten neben Boris zuwandte.

      Da waren der Zwerg Thorim Svensonsson, ein begnadeter Musketenschütze und Biertrinker, der es an einem Abend im Gasthaus "zur Schapsdame" zusammengebracht hatte, alle Bierfässer des Wirtes zu lehren, und nebenbei, auch noch für das verwüstete Gasthaus zu bezahlen. Sie mochte den alten Thorim, der gerade dabei war, seine Axt an der Spitze der langen Zwergenmuskete fest zu machen.

      Neben ihm hielt der Oger Olog seine beiden Langschwerter so fest, dass seine Knöchel Weis hervor traten. Isabell wusste, dass er gerade den härtesten Kampf seines Lebens ausfocht. Wäre nicht der regelmäßige Sold von ihr gewesen, der Oger wäre mit markerschütterndem Gebrüll sofort in die Reihen des Feindes gestürmt.

      Dann waren da noch die drei Gestallten, die ihr am meisten Unbehagen bereiteten, vor allem, weil sie nicht auf ihrer Gehaltsliste standen. Der Skink Ichitipoxi und seine beiden Leibwächter, Saurus Hornnackenveteranen mit den Namen Xroq und Plix, bereiteten für die kommende Auseinandersetzung ihre Waffen vor. Der Skink hatte ein Blasrohr dabei, das er gerade mit tödlichen Giftpfeilen fütterte, während die Saurus ihre riesigen Hellebarden aus Vulkanglas in Anschlag brachten.

      Isabell musste immer noch darüber nachdenken, was der Skink zu ihr auf perfektem Reikisch gesagt hatte. Es war beängstigend gewesen, die Echsen wie aus dem Nichts vor sich auftauchen zu sehen und nur Sekunden später von ihnen angesprochen zu werden. "Fürchte dich nicht", hatte der Skink vor acht Tagen gesagt, "wir sind Gesandte von Lord Xhitep von Itza und sind in wichtiger Mission unterwegs. In einer Oktade ab diesem Moment werden sich die Diener des Warps am Platz der Toten sammeln, und nur mit eurer Hilfe werden wir die Apokalypse verhindern können. Seid ihr bereit uns zu folgen?" Waren sie wirklich bereit gewesen, diesen zu folgen. Isabell hatte nur genickt. Doch Heute hatte sich der Spruch des Skink bewahrheitet und Isabell wusste, dass es kein zurück mehr gab. Sie kroch zum Skink: "Wann sollen wir sie angreifen, sie beginnen mit einem Ritual, wir?" "Still!" herrschte sie der Skink an. "Wenn der Ritus der Anrufung den Zenit erreicht hat, werden wir sie zerschmettern. Nur dann sind sie für uns Angreifbar!" Isabell nickte. Der Plan war klug und wohlüberlegt. Anstelle eines Sturmangriffs auf die Hölle würden sie den Erzfeind mit einer Attacke aus dem Hinterhalt abschlachten. Isabell richtete ein kurzes Stoßgebet an Sigmar, bevor sie ihren Leuten ein Zeichen gab, sich vorzubereiten.
      Raknor war sich nicht sicher, aber hatte er da ein Rascheln gehört? Nein, es war nur eines der vielen Geräusche, dass seine Gläubigen verursachten. Die Diener der wahren Götter skandierten dahin als gäbe es kein Morgen, was Raknor zu einem diabolischen Grinsen veranlasste. Es war zu lustig, weil sie alle wussten, dass es ab der heutigen Nacht kein Morgen mehr geben würde. Nun war die Zeit gekommen, den Ritus zu vollenden. Er erhob sich zu voller Größe und sprach:

      "Diener der einzig wahren Götter, hört mich an!" Sofort ergriff Schweigen die Gruppen der Kultisten. Raknor leckte sich die Lippen, bevor er weiter sprach: "Diener der einzig wahren Götter, seid willkommen zur Nacht der Nächte. Heute, werden wir ein Tor zur Unsterblichkeit öffnen, heute, werden wir die Apokalypse einleuten, heute, ja heute werden wir über die schwachen Völker ein Zeitalter der Vernichtung bringen, heute, wird die Dunkelheit erwachen!!!"

      Als er geendet hatte, hob Raknor seine Arme gen Himmel, woraufhin es ihm 500 Kultisten gleich taten. Von seinen flammten Worte aus grauer Vorzeit, er begann, den Warp mit seinem Geist zu formen, zu beeinflussen. Um ihn herrum bildeten sich Rauchfahnen, die gesichtern von Dämonen ähnelten, während sich im zentrum des Pentagramms ein Strudel zu öffnen begann. "Ja, bald ist mein Ziel erreicht!!" dachte er, als plötzlich ein lautes Krachen ertönte und nur wenige Herzschläge später eine Kugel aus geweihtem Silber sein Hirn zerfetzte. Voller Wut drehte Raknor sich in Richtung des Zwergenschützen um, als der Zauber ihm schon zu entgleiten begann...

      Isabell war stolz auf Thorin. Sein erster Schuss hatte bereits den Anführer schwer verletzt und nun war der Zauber außer Kontrolle geraten. Und somit noch gefährlicher geworden. Als hätte Ichitipoxi ihre Gedanken gelesen, was er als Schamane bestimmt auch getan hatte, rief dieser so laut er konnte: "Runter ihr Narren, dass Chaos entlädt sich bald!" Wie auf ein Kommando duckten sich alle Mitglieder der Gruppe, gerade noch rechtzeitig, denn eine mächtige Schockwelle aus purer Chaosmagie zuckte über den Friedhof hinweg und vernichtete alles, was sich ihr in den Weg stellte.

      Kultisten, welche zu nahe am Mahlstrom gestanden hatten, wurde das Fleisch von den verbrannten Knochen geschmolzen, während deren Häute aufplatzten und ihre Augen sich von innen nach außen verkehrten. Die, die weiter Weg gestanden hatten, waren nicht mit so einem Glücklichen Schicksal beschenkt worden. Statt zu sterben mutierten sie zu wiederlichen Chaosbruten, riesige Fleischklöße mit Fangzähnen und Klauen, zu abscheulich um sie zu beschreiben. Auch der Dämon schien sich zu verändern, aber anstatt zu sterben schien er sich zu regenerieren. Mit einem unguten Gefühl stellte sie fest, dass es noch nicht vorbei war. Sie gab den Befehl zum Angriff...
      Mit markerschütterndem Gebrüll stürmten die Chaosjäger vorwärts. Thorim feurte einer Chaosbrut direkt ins Herz, als diese versuchte, sich den Angreifern zu stellen. Zufrieden mit der Schweinerei, die er angerichtet hatte, schwang Thorim sein Axtbajonett wie ein Holzfäller, mit dem Unterschied, dass er reihenweise Gliedmaßen abtrennte.

      Rechts von ihm schwang Olog seine beiden Langschwerter mit der Brutalität eines Tollwütigen. Dort, wo sie trafen, ließen die Schwerter einen Pfad blutiger Verwüstung zurück, denn die Kraft des Ogers aleine hätte schon ausgereicht, einen Stein mit blosen Händen zu zermahlen.

      Boris, der im Schatten der Gräber geblieben war, kämpfte mit einem ganz anderen Stil. Fast wie ein Uhrwerk warf er seine Mörderdolche, jeder an einem hauchdünnen Stahlseil befestigt, um im nu wieder zurückgezogen werden zu können. Kaum hatten Boris Waffen ihr Ziel in den Augen einer Chaosbrut gefunden, waren sie schon wieder herausgezogen, um die Arme einer anderen Brut zu zersieben.

      Isabell indess hatte sich mit den beiden Saurus zusammengetan. Während deren Hellebarden Schneisen aus Blut, Muskeln, Knochen und sonstigen Innereien durch die Masse der Angreifer schlugen, schwang Isabell ihre Klinge mit der Präzision einer Fechtmeisterin. Isabell enthauptete, entleibte, schnitt Körper und Bäuche gleichermaßen auf.

      Der Skink war dicht hinter ihr. In der Hitzte der Schlacht bildete er einen Brennpunkt der Ruhe. Isabell war erstaunt, mit welcher Kaltblütigkeit die kleine Echse dutzende von Nadeln aus ihrem Blasrohr in verwundbare Bereiche der Feinde jagte.

      Und sie war auch überrascht, wie viele Mutanten des Chaos sie bereits getötet hatten. Von den 500 Kultisten hat nur 100 die Schockwelle des Chaos überlebt. Die anderen waren entweder an den tödlichen Energien oder an zu unkontrollierbaren Mutationen dahin gerafft worden. Von denen, die noch am Leben waren, hatten sie schon fast drei Viertel getötet. Doch da ertönte ein Diabolischer Schrei, der ihr Blut gefrieren und die Mutanten platzten ließ...

      Raknor fühlte sich furchtbar. Nicht einmal bei seiner Folter durch Lord Utruhg hatte er solche Schmerzen erlitten. Es war eine Beleidigung an seiner Macht, seiner Aura, seiner Herkunft. Voller Hass verband er seinen Geist mit den noch übriegen Chaosbruten und begann seinen Zorn in die Welt zu schreien, während deren Lebenssaft sich mit dem Seinen vermischte. Als sich seine Sinne geklärt hatten, wandte er seinen Kopf den Unruhestiftern zu. Mit einem Kriegsruf, der nicht von dieser Welt war, griff er die Mörder seiner Diener mit seinem Warpsteinschwert an.

      Zwei sauberer Hiebe, und der Oger lag am Boden, bis zur Unkenntlichkeit zerlegt. Der winzige Zwerg versuchte erneut, einen Kopfschuss zu landen, doch Raknors langer, dornenbewehrter Schwanz zuckte vor und spießte den Zwerg auf. Dieser vergeudete seine letzten Kraftreserven für einen Schuss direkt in Raknors Herz, doch die Kugel ging daneben. Plötzlich spürte er ein scharfen Schmerz in seiner Schulter. Er erblickte den Dieb, der gerade dabei war, ihn mit seinen Stahlseilen zu fesseln. Raknor legte ein spöttisches Grinsen auf sein Gesicht, während er einmal kurz an den Seilen zog, um den Menschen vor sein Gesicht zu ziehen. Ein schneller Biss, und das Hirn des Banditen lag frei. Plötzlich fühlte Raknor seinen siebten Sinn laut aufheulen, was ih veranlasste, sich einer neuen gefahr zuzudrehen. Ein Skinkschamane hatte einen Bannzauber auf ihn abgeschossen, während zwei Saurus mit einem Sturmangriff auf seinen Kopf begonnen hatten. "Verdammte Schwächlinge!!" brüllte der Dämon während er den Bannzauber mit seiner linken Hand ablenkte, da er mit der Rechten das Warpsteinschwert hielt, mit dem er die beiden Saurus in zwei Hälften geteilt hatte. Der Skink heulte derweil vor Schmerzen auf, da er von seinem eigen Zauber verschlungen wurde. Doch seinen Triumpf konnte Raknor nicht auskosten, den eine Menschenfrau war in sein Gesichtsfeld getreten. Die Frau kreischte etwas auf Reikisch und stieß ihr Schwert in seine Weichteile. Raknor heulte laut auf und schlug nach dem Weibsbild, doch sie glitt an seiner Klinge vorbei. "Nimm das!!" brüllte sie, während sie eine Flasche Weihwasser über seine Wunden goß. Raknor ging vor lauter Schmerzen in die Knie, während die Hexenjägerin mit ihrem Schwert weit ausholte und den Kopf des Dämonen von seinen Schultern trennte...

      Isabell stand fix und fertig vor den Leichen der Gefallenen. Sie hatten alles gegeben, doch nur sie alleine hatte das Massacker überlebt. Sie blickte die Leichen der Echsenwesen an: "Ruht in Frieden meine Freunde, eure Mission ist erfüllt!" sprach Isabell, während sie sich nach einer Schaufel umsah, um ihrer Gefährten zu begraben.