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Laskaroth fluchte in der Alten Zunge, und seine Untergebenen hatten augenscheinlich Mühe, ein Zusammenzucken zu unterdrücken. Sie konnten nicht ahnen, ob er nur so vor sich hin schimpfte, sie mit einem Fluch belegte, oder mit seinen für sie unsichtbaren Beratern sprach. Angst stand in ihren Augen, als er an ihnen vorbei schritt. Das ziemte sich nicht. Er würde ihnen etwas mehr Disziplin angedeihen lassen müssen. Nun, bald würde er vermutlich mehr als genug Gelegenheiten genau dafür bekommen.
Er ignorierte die Speichellecker und Bücklinge, während er mit eiskaltem Gesichtsausdruck die Schleuse betrat. Verflucht noch mal! Er konnte es immer noch nicht glauben, dass er tatsächlich hier war, im Begriff, auf dieses Drecksloch von einem Planeten hinunter geschossen zu werden, seine Augen vom widerwärtigen Licht dieser elenden Sonne beleidigen lassen, und seine Stiefel mit dem Schmutz dieses Exkrementhaufens der sich eine Welt schimpfte zu beschmutzen!
Doch hier war er, mitsamt seiner Leibgarde eingezwängt in die Schleuse zur Evakuationskapsel, und versuchte, seine Würde zu bewahren und Stärke auszustrahlen. Dass er gezwungen war, zur Ausführung dieses Auftrags auch noch eine Evakuationskapsel zu benutzen, und nicht etwa ein Donnerfalken-Landungsschiff oder seine private Yacht, trieb die Angelegenheit auf die Spitze. Erneut fluchte er leidenschaftlich in der Alten Sprache seiner Heimatwelt, und erneut zuckte sein Trupp bei den brachialen, unverständlichen Worten wie ein Mann zusammen.
Nun, hier war er jetzt. Und er würde das was vor ihm lag über die Bühne bringen, so oder so. Eine andere Wahl gab es nicht.
Die Pyro-Triebwerke der Kapsel zündeten mit einem schrillen Kreischen, das schnell in ein gleichmäßiges Fauchen überging, und das knappe Dutzend Männer wurde mit atemberaubender, aber für sie unspürbarer Geschwindigkeit durch die Leere des Alls geschleudert. Flackernde Positionsrunen und das gleichmäßige Piepsen der Monitore maßen die verbleibende Distanz zu Calea Mundus. Laskaroth schloss die Augen und fokussierte seinen Geist auf die Dinge die vor ihnen lagen.
?Stellt sicher, dass wir brauchbare Piktogramme von der Planetenoberfläche bekommen, solange wir noch im Orbit sind?, befahl Laskaroth dem hybriden Tech-operator der Evakuationskapsel, ?ich will mich nicht darauf verlassen müssen, was diese Narren da unten uns für die nötigen Evaluationen zur Verfügung stellen können.?
Der praktisch mit der Kapsel verwachsene Tech-operator nickte mit steifen, nicht-biologischen Halsgelenken, und betätigte auf einige Runentasten an seiner Konsole. ?Visiographische Aquisition initiieren? klang es knirschend und blechern aus seinen Sprach-vorrichtungen.
?Optimale Fokussierung und Resolution kalkulieren. Objektus Aquisitaris Calea Mundi Surphacia.?, kommentierte er tonlos die Eingaben. Knisternde, fauchende und schlürfende Geräusche aus den Maschinen begeleiteten seine Anordnungen.
Laskaroth wandte seine Aufmerksamkeit von ihm ab, und begutachtete seine Männer. Bewegungslos standen die Krieger in Bereitschaftshaltung da, ihre hellgrauen Rüstungen mit beinahe makelloser Effizienz angelegt, die Waffen griffbereit. Bei den meisten verbargen Helme ihre Gesichter, und die wenigen die keine Helme trugen, waren so weitgehend entstellt oder technologisch modifiziert, dass auch sie keinerlei Gefühle verraten konnten.
Ein Blick auf die Konsole die den Kurs der Kapsel anzeigte, verriet Laskaroth, dass es Zeit war, die letzten Befehle auszugeben. Ohne Umschweife oder Einleitung sprach er seine neue Leibgarde an:
?Der Kurs ist so berechnet, dass wir direkt an unser Ziel oder zumindest ziemlich nahe daran herankommen werden. Es bestehen also Einsatzbedingungen ab dem Zeitpunkt der Landung, ist das klar??
Es war eine rhetorische Frage, er erwartete keine Antwort. Zu seiner Zufriedenheit bekam er auch keine.
?Der Plan ist denkbar einfach. Ihr formt einen nach vorne geöffneten Protektiv-Perimeter mit zwei Reihen und mit mir selbst im Zentrum. Ihr geht wohin ich gehe, tut was ich tue, und handelt ansonsten nur auf direkten Befehl von mir. Keine Iniativ-Aktionen, wenn ich bitten darf.?
Es war keineswegs eine Bitte, sondern eine Feststellung, und niemand der Anwesenden machte sich darüber irgendwelche Illusionen. Vielleicht waren diese Bücklinge doch aus ganz brauchbarem Metall geschmiedet?
?Wenn sich alles nach optimalen Bedingungen abwickeln lässt, sind wir sehr schnell wieder von diesem Drecksloch verschwunden, und ihr seid aus meinem Dienst entlassen. Denkt allerdings daran, dass eure Leben für mich wertlos sind, das Meine für euch aber das höchste Gut darzustellen hat. Dies mag euch nicht gefallen, doch je besser ihr euch damit zurechtfindet, desto schneller seid ihr mich wieder los ? und desto weniger mag Ich geneigt sein, Euch wertlose Brut frühzeitig selbst loszuwerden.?
Der raue Ton war sorgfältig und berechnend gewählt. Bei Kriegern wie diesen, hochgezüchteten, abgebrühten Todesmaschinen voller Stolz und Eigensinn, musste man abrupt, kristallklar und anschaulich klarstellen wer das Sagen hatte und wie die Prioritäten verteilt waren. Vor allem wenn man so wenig Zeit mit ihnen hatte wie in diesem Fall.
Commander Mkalloy konnte den Ton von diesem Laskaroth, dem sie zugeteilt worden waren, nicht ausstehen. Schlimm genug, dass man ihn so kurzfristig seines Kommandos enthoben hatte und ihn mit nur einem winzigen Stosstrupp auf diesen zweifellos von den Göttern verachteten Planeten hinunter schickte, war er auch noch einem derart hochnäsigen und unsympathischen Befehlshaber zugeteilt worden!
Ihnen war mitgeteilt worden, dass dies Laskaroths Mission sei, die dieser unter allen Umständen zufriedenstellend auszuführen hatte, und dass er dazu aufgrund besonderer Kompetenzen als einziger ideal geeignet war. Er schien auch an sich kompetent genug zu sein, bisher zumindest.
Die Gerüchte auf Deck hatten besagt, dass dieser mysteriöse fremde Befehlshaber, offenkundig ein hohes Tier in einem anderen Kontingent der Befehlsstruktur der Streitkräfte, extra aus einem anderen Sektor angereist war, um diesen Auftrag zu übernehmen. Trotzdem stank es Mkalloy, dass er und seine Männer derart benutzt wurden. Es war herabsetzend und beleidigend, sie einfach so umzugruppieren, diesem selbstgefälligen Schnösel zu überstellen und nicht einmal über Details des Auftrages in Kenntnis zu setzen.
Allerhöchste Missionspriorität hin oder her, kriegsentscheidende Wichtigkeit dies oder das, der Gipfel der Angelegenheit war, dass dieser Schnösel ihnen nicht einmal das Mindestmaß an Respekt zollte, dass ihnen zustand. Wie konnte er es wagen, sie wie willenlose Werkzeuge zu behandeln und ihnen dann auch noch zu drohen?!
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5
WIR VERSCHLINGEN
und assimilieren die besiegte Beute. Ihre Festungs-Bauten sind eingerissen, ihre Verteidigungs-Waffen zerschmettert, ihr kleines bisschen Entschlossenheit endgültig dahin.
Noch während wir Absorber dabei sind, die simpelsten Arten von Biomasse zu
VERSCHLINGEN,
jagen wir, die Krieger, und wir, die Lauernden, gemeinsam mit uns, den Kleinen, uns, den Vielen, die wenigen verbliebenen Beute-Wesen die uns bis jetzt entkommen konnten.
Während wir Absorptions-Rüssel aus dem niedrigen Orbit dieser Welt-Beute herabsenken, errichten wir Verdauungs-Tümpel und Sporen-Schlote und werden zahlreicher und stärker und
VERSCHLINGEN
die Überreste von "Bunkerkomplex 118C" und allem was darin gelebt hat oder noch lebt.
Die Verstärkungs-Beute aus "Calea Maxima" ist niemals angekommen, mit Verschlingt-Lebendig haben wir sie abgefangen und
VERSCHLUNGEN
bevor sie uns auch nur nahe kommen konnten. Nur wenige sind entkommen, aber auch diese werden wir zur Strecke bringen, denn
WIR HUNGERN
immer, selbst während wir gerade verschlingen.
Wir, die Fliegenden, und wir, die Lauernden, sehen, dass sich die Beute in ihren großen Verteidigungs-Bau zurückzieht. In "Calea Maxima" scheinen sie zu glauben, dass sie sicher sind, dass sie uns zurückschlagen können.
Doch dort warten schon unsere Rufenden Brüder im Verborgenen, warten und bereiten den Weg, pirschen unerkannt inmitten der Beute und
HUNGERN
bis wir kommen, um zu
VERSCHLINGEN
Wir lassen die Beute sich zurückziehen in ihren Großen Bau, wo unsere Rufenden Brüder bereits von den tiefsten Höhlen bis zu den höchsten Gipfeln dieses bewohnten Gebirges auf sie warten.
Unterdessen überwachen Wir das Verschlingen, Verdauen und Absorbieren der Beute, das an vielen Orten zugleich stattfindet. Viele von Uns tun dies in diesem Moment an verschiedenen Stellen dieser Welt-Beute, das können Wir deutlich spüren. Doch noch ist die Welt-Beute nicht zur Strecke gebracht, noch wehrt sie sich gegen ihre Jäger. Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung färben den Geschmack der Biomasse, die
WIR VERSCHLINGEN,
doch noch zappelt die Beute, versucht uns abzuschütteln, uns zurückzuschlagen. Schwächlich und am Ende vergeblich ist ihre Gegenwehr, denn
WIR SIND DER SCHWARM
und wir
HUNGERN
und
VERSCHLINGEN
Bald wird es Zeit werden für uns, uns selbst in die Verdauungs-Tümpel zu stürzen, uns zurückzuführen um uns erneut in UNS aufzunehmen, um neu zu entstehen und erneut zu jagen und zu töten. Schließlich werden auch Wir selbst Uns aufgeben, Uns auflösen und erneuert hervorgehen.
Das wird das Ende Unserer Einzigkeit bedeuten, und Wir sind bei dieser Aussicht nicht unglücklich. Die Bürde der Einzigkeit ist solchermaßen, dass sie nur eine Zeit lang getragen werden kann, ohne UNS zu sehr zu beeinträchtigen.
Neue Brüder werden an Unsere Stelle treten und Wir werden dann einmal mehr einfach ein Teil von uns sein, ohne die Bürde der Einzigkeit, ohne die Schwäche der Isolation.
WIR wissen, dass Schlägt-zu-um-zu-Töten nicht von Dauer ist, es auch nicht sein muss. Bloß ein weiterer winziger Schritt in der beständigen Entwicklung, die dazu dient UNSEREN HUNGER zu stillen, stärker und zahlreicher zu werden, und immer mehr, immer neue Beute zu jagen und zu VERSCHLINGEN. Dies ist das wahre Ziel und der einzige Zweck unserer Existenz.
Während Wir Uns diesen Erwägungen widmen, teilen Wir Unsere Aufmerksamkeit auf, um uns weiterhin beim Absorbieren der erlegten Verteidiger-Beute zu überwachen. Alles läuft jedoch glatt, und so müssen Wir nicht eingreifen oder nachhelfen.
Jeder von uns kennt seinen Platz und seine Aufgabe bei dieser Phase der Jagd perfekt. Fehler oder Missgeschicke, wie die Beute sie beständig und zu recht befürchten muss, sind für uns undenkbar. Wir kommunizieren perfekt und handeln präzise.
WIR SIND DER SCHWARM und Wir spüren ein Gefühl der Zufriedenheit und der Stärke, als Wir Uns unserer Perfektion und Überlegenheit bewußt werden.
Wir traben gerade entspannt durch unsere Brüder, sehen und spüren die reibungslosen Abläufe des Verdauens durch ihre Augen und Fühler, als Bewegung in UNSER Denken kommt. Sofort schärfen Wir Unsere Sinne. während Wir uns andere abschirmen, damit unsere kleineren Geister nicht überladen werden.
Mächtige Impulse fließen durch Unsere Gedanken, als
WIR BESCHLIEßEN, WIEDER ZU JAGEN
und Uns alle erforderlichen Informationen erreichen.
Wir sind kurz unentschlossen, die Absorption ist noch nicht vollständig beendet, es ist noch nicht Zeit für einen neue Jagd. Doch
WIR JAGEN,
also pumpen Unsere Drüsen aktivierende Hormone durch Unseren Körper, ein Zittern durchläuft Uns, und Wir öffnen die mentale Abschirmung teilweise um uns andere an den Impulsen der Jagd teilhaben zu lassen.
Gleichzeitig entscheiden Wir, einige von uns hier zu lassen, um weiterhin zu
VERSCHLINGEN,
aber nur die wenigen von uns die dafür absolut notwendig sind.
Alle anderen von uns werden vom
HUNGER
erfasst und schließen sich Uns an, als wir sofort damit beginnen, uns zur Jagd zu formieren. Der große Beute-Bau "Calea Maxima" ist unser Ziel, und Wir werden Uns bewußt, dass unzählige mehr von UNS aus allen Richtungen in diesem Moment auf diese Beute zuzupirschen beginnen.
Das Aufgehen im Verdauungs-Tümpel, das Ablegen der Bürde der Einzigkeit wird noch warten müssen, denn WIR brauchen Uns zu dringend um uns anzuführen bei dieser Jagd, von der WIR denken, dass sie das letzte, entscheidende Zuschlagen bringen kann, das den Widerstand dieser Welt-Beute endgültig bricht.
WIR HUNGERN
und WIR brauchen Schlägt-zu-um-zu-Töten bei dieser Jagd, denn diesmal müssen wir zuschlagen um zu töten, und wir müssen töten um
VERSCHLINGEN
zu können.
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