Simon konnte es nicht fassen. Es waren keine drei Tage seit der Schlacht vergangen und das Leben spross aus der Asche vor der Stadt.
Einige Kompanien der Elfensoldaten reinigten die Straße und das Gebiet um die Stadt von den Leichen. Die eigenen Verluste wurden begraben während der Rest wie Scheite aufgeschlichtet und verbrannt wurde.
Ein weiteres Mal stank es bestialisch nach verbranntem Fleisch in den Straßen der Stadt. Doch es gellten keine Schreie durch die Gassen. Es prallten keine Waffen auf Rüstzeug und vor allem es wurde nicht gestorben.
Der Paladin atmete tief ein und wieder aus. Er wandte sich zu Manfred um, ?Noch steht es Euch frei aus meinem Dienst auszutreten.?
Simon wusste dass der Mann es nicht gern hörte wenn er als Diener bezeichnet wurde. Aber er war nichts anderes. Ein Speichellecker der glaubte sich mit kleinen Gefälligkeiten selbst Gefallen zu tun. ?Ich bin bei Euch und ich bleibe an Eurer Seite.?
?Gut.?, Simon wandte sich zu den anderen um.
Die Elfensoldaten sammelten sich vor dem Rathaus. Es war eine Truppe aus Eliteeinheiten zusammengestellt.
Stumme Hünen die stolz ihre riesigen Zweihandschwerter geschultert trugen sammelten sich neben einigen berittenen Lanzenreitern.
Es mussten an die Zweihundert sein. Dazu kamen die dreißig Mann der Leibgarde des Händlers Manfred und ungefähr zwei Dutzend Magier. Sie standen um Lavendala versammelt und lauschten ihren Instruktionen. Und wen hatte ich, dachte Simon. Der Paladin zählte einen grantigen Zwerg und einen Söldner.
Immerhin, dachte der Paladin und machte sich abmarschbereit. Lavendala löste die Versammlung auf worauf sich die Magier vor den Zweihandkämpfern formierten. Nun nickte sie dem Musikanten der Reiterei zu worauf der mittels Hornstoß die Reiter dazu veranlasste sich vor den Magiern zu postieren.
Gleich darauf fand sich Lavendala neben Simon, Manfred, Alrecht und Thorgrim ein.
Simon ergriff als erstes das Wort, ?Wohin gehen wir??
Lavendala nickte kurz. Wir werden nach Osten ziehen. Wir haben einen drei Tage Marsch vor uns. Danach erreichen wir einen verlassenen Magierturm. Dort werden wir das Portal öffnen um nach Lustria zu gelangen.?
?Wieso ist denn der Magierturm verlassen, Elfe??, brummte Thorgrim. Sie antwortete absolut gefühlskalt, ?Nun, Herr Zwerg, die Zauberer wurden von einem beschworenem Dämon verjagt. Zudem ist die Gegend dort alles andere als lebensfreundlich. Es ist ein Turm der kurz vor dem Wald errichtet wurde. In diesem Wald hausen gefährliche Tiere.?
Thorgrim spuckte aus, ?Habt Ihr Angst??
?Ich werde Euch schon beschützen.?, zischte eine fremde Stimme. Herold schloss sich der Gruppe an. ?Was erlaubt Ihr Euch, Ihr müsst ansuchen um dem Zug beizutreten.?, grollte ihn Manfred an.
Der Inquisitor lächelte. Der Sturz hatte den Mann seine linke Gesichtshälfte gekostet. Vernarbtes Gewebe wucherte über sein Antlitz. Bösartig blitze unter den Narben sein Auge hervor, ?Schweig Häretiker! Ich bin Inquisitor im Auftrag des Imperators. Mein Lehen ist dem Kampf mit dem Chaos gewidmet. Ich komme mit!?
Simon starrte ihn kurz an, ?Willkommen.?
Der Weg war beschwerlich. Die alten Wege zum Turm waren bereits verwildert und die Natur schenkte ihnen nichts. Die Reiter waren am zweiten Tag umgekehrt da sie ihnen nicht folgen konnten.
Den Weg bannten die Leibwachen Manfreds. Imperiales Stahl war doch stärker als Gestrüpp, dachte Alrecht. Der Turm zeichnete sich nun schon hinter den Ästen und Bäumen ab. Ein gigantisches Gemäuer, dachte der Söldner.
Als sie den Wald überwunden hatten, betraten sie eine Lichtung. Der Turm mutete gespenstisch an. Die Pflanzen um das alte Mauerwerk waren braun und tot. Zudem schien die Mauer, sie musste früher weiß gewesen sein, schwarz gefärbt worden zu sein.
Kreischend schoss ein Schatten aus einem der Fenster. Der hohe schlanke Turm schien das Geschöpf gleich wieder zu verschlingen.
Violett schimmernde Tentakeln packten die Gestalt am Fuß, lies den Körper gegen das äußere Mauerwerk prallen und zog den leblosen Körper wieder ins innere des Turms. Alrecht sah die Magierin fragend an, diese war jnedoch bereits mit etwas anderem beschäftigt.
Die Magier versammelten sich in einem Kreis und begannen zu singen. Der Gesang wurde immer lauter und lauter. Ein grelles Licht blitze auf und hüllte die Gefährten in ein weißes Licht. Im nächsten Moment zischte eine hohe Stimme, ?Was wollt Ihr? Ihr wollt spielen! Schwester, komm her, ich spüre dich!?
Im nächsten Moment warf sich eine seltsame Gestalt aus dem Fenster. Katzenartig federte sie auf und näherte sich den Gefährten. Simon, der den Hammer fest in den Händen hielt, stürmte auf das seltsame Wesen zu..
Es schien auf den ersten Blick eine ganz normale Elfe zu sein. Doch Aus ihrem Rücken ragte ein wabernder Stumpf aus dem einige Tentakeln ragten. Zudem war ihr ganzer Leib mit Augen überseht, ?Seht mich an! Den ich sehe euch!?
Hysterisch lachend duckte sich das Wesen unter dem Hammerhieb hinweg und rammte Simon den Ellbogen in den Rücken. Krachend prallte dieser auf die Rüstung. Unverletzt aber von unglaublicher Wucht zu Boden geworfen, rollte sich Simon auf den Rücken.
Dann verstummte der Singsang und aus dem Boden wuchsen Arme. Alrecht zog sein Schwert, er wusste nicht was ihn mehr verunsicherte. Diese hässliche Chaoselfe oder diese weiß schimmernden Arme die wild fuchtelnd um sich grabschten.
Die Arme packten das Chaosgeschöpf und zogen es zu Boden. Schleimig schmatzend fuhren die drei Tentakeln aus dem Stumpf am Rücken und packten einen der Elfenmagier. Das Tentakelmonster kicherte dabei boshaft, ?Das habe ich alles kommen sehen. Ich bin beschenkt worden. Was tun eure schwächlichen Götter für euch??
?Kraft geben um Euch die Geschenke zu nehmen!?, donnerte Simon und lies seinen Hammer auf die Chaoselfe hernieder sausen. Zischend schmorte das Fleisch unter dem Hammerkopf und gleich darauf waren die Tentakel abgetrennt. Der Elfenmagier fiel zitternd zu Boden.
Die Chaoselfe kreischte. Sie musste unsagbare Schmerzen haben, denn die Flammen züngelten zischend über ihren Leib und zerfraßen unbarmherzig Haare, Haut und Augen. Glucksend wieherte das Geschöpf während sie sich vor Schmerzen schüttelte.
?Ich beende dein Leid!?, Simon holte zum Schlag aus. Plötzlich gellte Lavendalas, ?Nein!?, an ihnen vorbei. ?Sie ist noch immer meine Schwester!?, sie lies den Kopf sinken, ?Ich, ich weis das sie gefährlich ist, aber nein, ich will ni??
Simon zerschmetterte mit einem wuchtigen Hieb den Kopf der Chaoselfe, ?Sie ist nicht mehr Eure Schwester. Diese starb als sie sich mit dem Chaos einließ.?
Herold sah den Paladin genau an.
Alrecht schauderte kurz, er konnte Lavendalas Reaktion verstehen. Doch, sie müsste es besser wissen. Auch der Söldner wusste, dass es im Imperium viele Familien gab die ihre Mutantenfamilienmitglieder verstecken. Aber Simon hatte es genau auf den Punkt gebracht, man darf diesen Geschöpfen keine Familienähe zusagen. Sie gehören nicht mehr dazu!
In diesem Moment musste er wieder an Susanna denken. Der Gedanke, so lange er auch geruht hatte, war ein schrecklicher Stich ins Herz. Dieser Stich wurde auch immer von einem dumpfen melancholischen Druck im gesamten Oberkörper begleitet.
Alrecht holte tief Luft.
Wütend und traurig starrte die Meistermagierin den Paladin an. ?Er hat richtig gehandelt.?, stellte sich der Inquisitor hinter sein ehemaliges Ziel, ?Hätte er es nicht getan, hätte ich sie getötet.?
Die Elfe nickte nur und gab den anderen Zauberern ein Zeichen. Sie versammelten sich im Kreis um den Turm und begannen mit einer Beschwörungsformel. Fragend sah Alrecht Lavendala an, sie gab ihm einen überheblichen Blick und wandte sich ab.
Ausgezeichnet, schoss es Alrecht durch den Kopf, warum legen wir uns nicht auch noch mit den Zwergen an, die Zahl ihrer Feinde war ja noch so verschwindend klein.
Knisternd zischten Blitze aus dem Gebäude. Das Mauerwerk schien wie ein gewaltiger Energiespeicher zu wirken, die Elfen hatten Stunden damit verbracht sich in Trance zu singen. Langsam zeigte es Wirkung.
Lavendala hatte seit dem Angriff ihrer Schwester nicht mehr gesprochen, doch nun wandte sie sich an Alrecht. ?Ihr seid ein tapferer Mensch. Ihr habt Euer letztes gegeben um meine Stadt und mein Leben zu schützen. Ihr habt Euch eine Antwort verdient.?
Verwundernd sah der Söldner die Elfe an. Alrecht war bereits ein alter Hase im Geschäft. Sein Haar ergraute bereits und er hatte viel gesehen, zuhause, jedenfalls. Doch ein solch schönes und gleichzeitig altes Geschöpf wie diese Elfe, es schien ihm fast den Verstand zu sprengen.
Er konnte sich nicht vorstellen dass sie tatsächlich so alt und mächtig war.
Alrecht gab sich in Gedanken einen Tritt und versuchte wegzusehen, aber zuzuhören. Die Magierin erhob andächtig die Stimme, ?Dieser Turm diente früher nur einem Zweck. Er war ein Ausbildungsort für junge Magier. Wenn die Macht eines Novizen einen gewissen Grad erreicht hat, dann wurde er hier hergeschickt.? Ihre Stimme wurde plötzlich traurig, ?Als dieses Land und unser Geschlecht noch bessere Zeiten gesehen hat, wurden hier magische Gegenstände erzeugt und es wurden Energiespeicher gefüllt. Ihr müsst Euch einen Zauberspruch wie ein kunstvolles Gemälde vorstellen. Ein jeder Pinselstrich, eine jede Farbnuance und eine jede Proportion ist für sich perfekt und mit künstlerischer Energie zusammengefügt. Ein solches Werk ist ein Netzwerk aus verschiedenen Komponenten, welches nur in dieser Zusammenstellung wirkt. Genauso ist es mit Magie.?
Sie stoppte kurz und warf einen Blick auf den Leichnam ihrer Schwester, ?Meine Schwester war eine ausgezeichnete Schülerin. Jung und energisch stürzte sie sich in ihr Studium. Besonders talentiert war sie in der Beschwörung von Leben und der architektonischen Magie. Sie war begnadet darin kunstvolle Energiegewebe mit ordinären Gegenständen zu verbinden. Sie hat Eure Klinge gefertigt.?
Alrecht sah sie fragend an. ?Nun, Ihr könnt es versuchen, doch kein Zwerg auf diesem Erdrund wird Euch je eine Rune in eine Klinge schneiden. Diese Rune ist nicht echt, sie wurde von einem Elfen graviert. Jedoch ist sie wirkungslos. Die Macht der Waffe ruht in einem Zauberspruch. Ein Gewebe aus Energie, aus purer reiner Gewalt, ruht in jedem Teil des Stahls. Das bedeutet das ihre Macht irgendwann vergeht, aber keine Angst, selbst Eure Enkel werden damit noch Banditen erschlagen können.?
Alrecht runzelte die Stirn und lauschte nun angestrengt weiter. Lavendala sprach sogleich weiter, ?Diese Waffe war ein Geschenk an ihren Verlobten bevor sie hier her geschickt wurde. Sie sollte bei dem Versiegeln des Tores helfen. Denn die Gefilde die wir bald betreten werden sind gefährlich. Dämone lauern überall. Deshalb wollten die Magier eine so geschickte Wirkerin wie meine Schwester. Doch bei dem Versuch das Tor endgültig seiner Funktion zu berauben passierte ein Unfall. Sie wurde in diese Zwischenwelt gesaugt und blieb dort für einige Hundert Jahre gefangen. Bei dem nächsten Versuch das Tor zu vernichten, befreite man sie. Doch die Zeit in dieser Dimension hatte sie verändert. Sie hatte sich selbst und ihre Seele verkauft, sie war nun ein Feind. In einem fürchterlichen Gemetzel tötete sie die überraschten Magier und die Wachen vor dem Tor. Als auch die geschickte Garde nicht zurückkam, versuchte man es mit einem Trupp Magier. Doch auch sie wurden unbarmherzig getötet. Der Körper der vorhin durch die Luft gewirbelt war, das war nur ein Leichnam. Sie spielt gern mit den Angreifern, so etwas gehört dazu.?
Nickend starrte der Söldner den Magierkreis an. Der Singsang hatte aufgehört, ein weiter gleißender Blitz zischte in die Turmspitze.
?Was tun Eure Magier??, fragte Alrecht unverblümt. ?Sie retten Euer Leben.?, lächelte ihn die Meisterzauberin an. Dem Söldner lief es kalt dem Rücken hinunter.