Ferien im Paradies

    Ferien im Paradies

    is nicht von mir is aber endsgenial -> die geschichte is noch ned zu ende werde bald fortsetzung posten!! :D

    Als Hauptmann Krüger aus der geöffneten Luke der Landefähre trat, traf ihn die klare, kalte Luft wie ein Hammerschlag. Das vom gräulichen Himmel fallende Sonnenlicht zwang ihn dazu, einige Sekunden geblendet zu blinzeln, bevor sich seine Augen schließlich daran gewöhnt hatten und er die sich vor ihm erstreckende Landschaft sehen konnte.
    Zerklüftetes, grünes Hügelland, auf dem uneingeschüchtert von den donnernden Landungsfähren Ziegen weideten. Einstöckige Lehmhütten und in der Ferne eine von hohen Mauern umgürtete Festung mit gedrungenen, kantigen Türmen. Knorrige, zu kleinen Hainen zusammengedrängte Bäume. Das also war Kalopulos III, dachte Krüger.
    Zwei Monate lang hatte er die stickige, wiederaufbereitete Luft des Transportschiffs geatmet, hatte nichts gesehen außer Wänden aus Stahl, dreckigen Kojen und dem grauen Brei, den die Raumflotte Rationen nannte. Und dennoch wünschte er sich in diesem Moment nichts sehnlicher, als wieder in die Fähre zu steigen und auf das Transportschiff zurückzukehren, damit es ihn forttrug, einem anderen, passenderen Ort entgegen.
    Ein Schlachtfeld sollte nicht so aussehen.
    Krüger hatte in seiner Laufbahn auf vielen Welten gekämpft. Manche hatten ihn - verbrannt, verwüstet und verseucht ? an seine Heimat Krieg erinnert, andere waren von Trümmerwüsten bedeckt gewesen, und wieder andere schienen nur aus Dschungel oder Wüste zu bestehen. Aber keine ? keine! ? war gewesen wie Kalopulos III. Krüger schüttelte fassungslos den Kopf. Es war nicht gut, hier zu sein. Seine Männer würden weich und zahm werden an diesem Ort, der scheinbar für Menschen gemacht schien. Sie würden nicht mehr in der Lage sein, ihren Dienst zu tun.
    Leutnant Haller trat neben Krüger und räusperte sich lautstark. ?Geht es ihnen nicht gut, Sir??, fragte er leise.
    ?Doch, Haller, doch, es ist alles in Ordnung.?, entgegnete Krüger. Er mochte Haller, war mit ihm geradezu befreundet, seit sie auf Festinion im wahrsten Sinne des Wortes Seite an Seite gegen die Tyraniden gekämpft hatten und beinahe beide gefallen wären, wenn sie sich nicht blind aufeinander hätten verlassen können. Trotzdem war es eine Lüge: nichts war in Ordnung, verdammt!
    ?Natürlich, Sir.?, sagte Haller. ?Es ist nur... die Männer sind unruhig. Der Landeanflug hat lange gedauert und war nicht gerade sanft. Sie sollten ihnen erlauben, die Fähre zu verlassen, Herr Hauptmann.?
    Krüger nickte. Gedankenverloren wie er war hatte er seine Männer für den Augenblick völlig vergessen. ?Kompanie aussteigen!?, befahl er schnell. ?Mit voller Ausrüstung vor der Fähre sammeln!?
    Sofort strömten die Soldaten an ihm vorbei. Seine Kompanie hatte in den Straßenkämpfen in der Makropole Insborough auf Festinion schwere Verluste hinnehmen müssen. Die Rückeroberung einer Reliquie aus tyranidenverseuchtem Gebiet hatte zusätzliche, in Krügers Augen unnötige Opfer gefordert. Doch er wusste auch, dass er sich auf die Männer, die übrig waren, blind verlassen konnte. Sie waren exzellente Soldaten, kampfgestählt und diszipliniert. Möge der Imperator geben, dass es so bleibt, dachte Krüger.
    Die Soldaten stellten sich in weit mehr als annehmbarer Zeit zum Appell auf. Auch sie schienen irritiert von der neuen Umgebung und der ungewöhnlichen Beschaffenheit des Einsatzgebietes, dies hinderte sie jedoch nicht daran, wie mit dem Lineal gezogen truppweise anzutreten.
    Krüger ließ den Blick über die versammelte Überreste seiner Kompanie schweifen. Es waren einhundertzweiundzwanzig Männer, die von ursprünglich zweihundertfünfzig übrig waren, ihn selbst eingeschlossen. Von ursprünglich fünf Zügen existierten noch drei, keiner von ihnen mehr unter dem Kommando des Mannes, der bei der Aushebung des Regiments mit dieser Aufgabe betraut worden war. Krüger selbst war der einzige Offizier in der Kompanie, der seinen Rang seit dem Beginn des aktiven Dienstes des Regiments inne hatte. Seine Untergebenen waren wie Leutnant Strauß und Leutnant Fahrenhorst von Krieg nachgeschickt worden, um ihre gefallenen Vorgänger zu ersetzen, oder hatten wie Leutnant Haller einen ungewöhnlichen, aber beachtenswerten Aufstieg hinter sich, der in den Rängen der normalen Soldaten begonnen hatte und als Anerkennung für herausragende Leistungen in einem Offizierspatent seine Fortsetzung fand.
    Krüger salutierte seinen Männern, und die Soldaten erwiderten in perfekter Gleichförmigkeit den Gruß. Zwei Monate lang hatten sie tagaus, tagein, ihre Ausrüstung gepflegt, mit den Waffen geübt und taktische Handbücher studiert, die Krüger hatte ausgeben lassen. Nun kündete ihr Stiefelknallen von Disziplin und Kampfgeist.
    Nur der Imperator konnte wissen, wie lange beides auf diesem gefährlichen Paradies von einem Planeten Bestand haben würde...



    Das Leben ist wie die Seife in einer Gefängnisdusche!


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    Der Einzug in die Hauptstadt war eine der tiefgreifendsten Erfahrungen in Krügers Leben. Wo immer er mit dem Regiment gelandet war, welchen Kriegsschauplatz auch immer sie mit ihrem Einsatz zugunsten des Imperiums beeinflusst hatten, nie waren er oder seine Männer von jubelnden Menschen auf der Straße als Befreier begrüßt worden. Auf den meisten Welten hatte es kaum mehr genug Einheimische gegeben, die dies hätten tun können.
    Hier war alles anders. Menschenmassen säumten die breiten Prachtstraßen der Hauptstadt, jubelten von den Balkonen der marmornen Gebäude oder drängten sich in Seitengassen, den Soldaten Blumen zuwerfend. Junge Frauen präsentierten sich aufreizend, die Soldaten mit Kusshändchen bedenkend.
    Krüger sah nur wenig Bewaffnete auf der Straße. Die Soldaten von Kalopulos III wirkten seltsam rückständig. Sie trugen aus einem bronzefarbenen Metall gefertigte Brustpanzer, Beinschienen und Helme mit hohem Federbausch oder einer bürstenartigen Zier aus Rosshaar. Statt Schusswaffen trugen sie lange Wurfspeere, Schilde und an der Hüfte kurze Schwerter in verzierten Scheiden. Alles in allem wirkten sie prunkvoll, aber kaum schlagkräftig. Dennoch schienen die Wenigen, die den Weg des einziehenden Regiments säumten, die Soldaten des Todeskorps in ihren grauen Uniformröcken mit Geringschätzung zu mustern.
    Kopfschüttelnd bemühte sich Krüger, der menge nicht zuviel Aufmerksamkeit zu schenken und hoffte gleichzeitig, dass seine Männer es auch nicht taten. Den Blick auf das helle Pflaster der Prachtstraße gerichtet marschierte er weiter.
    Auf dem ganzen Weg setzte sich der Eindruck, den er bei der Landung gewonnen hatte, fort. Kalopulos III war ein schrecklich idyllischer Ort. Die Architektur der Gebäude in der Stadt war von derselben Weichheit wie die umliegende Landschaft. Marmor war im Übermaß vergeudet worden, um fragile Gebilde mit Säulen und gewellten Dächern zu schaffen. Mosaike schmückten die Hauswände. Gärten und Parks waren rechts und links der Straße angelegt worden, um noch mehr Abwechslung zwischen den verschiedenartigen Häusern zu schaffen. Brunnen sprudelten in endloser Verschwendung Wasser aus den Mündern verschiedener Tierskulpturen, deren Vorbilder Krüger noch nie in seinem Leben gesehen hatte.
    Die Formation vor Krüger hielt plötzlich an. Auch Krüger befahl seinen Männern mit einem schnellen Handzeichen den Halt. Er hatte schon die Hand am Griff der Boltpistole im Holster, als wie aus dem Nichts eine junge Frau auftauchte und ihm lächelnd eine Blumenkette um den Hals legte. Hinter sich hörte er Haller lachen, als ihm gleiches wiederfuhr.
    Krüger dankte der jungen Frau mit aller Galanterie, die er aufzubringen vermochte. Kaum war sie aus seinem Sichtfeld verschwunden und die Kolonne wieder in Bewegung, riss er sich die alberne Kette vom hals und zertrat sie unter dem Absatz seines Stiefels.

    Der flackernde Lichtschein von Öllampen beleuchtete den Korridor und den wehenden Vorhang, der den Zugang zu Oberst Kaltenbrunns Gemächern verdeckte. Die Wachen salutierten vor Krüger. In der Uniform des Todeskorps und mit der entsprechenden Standardbewaffnung wirkten sie seltsam unpassend in den alten und rückständigen Räumlichkeiten des Gouverneurspalastes.
    Und dennoch erschien dieser Gouverneurspalast fast schon wie ein technisches Wunderwerk im Vergleich zum Straßenbild der Hauptstadt. Krüger hatte hier die ersten einheimischen Soldaten mit Schusswaffen gesehen, auch wenn deren Anblick ebenfalls eher lächerlich den respekteinflößend gewesen war: Die Kalopulosi hielten die Lasergewehre nicht am dafür vorgesehenen Pistolengriff, sondern präsentierten sie in der Art von Schwertern oder Speeren, die Hand fest um den Kolben der kopflastigen Waffen gelegt. Es musste einige Kraft erfordern, die Gewehre längere Zeit so zu halten, und es widersprach jeder sinnvollen Erwägung, aber den rückständigen Kalopulosi schien es so zu gefallen, und es war nicht an Krüger, ihnen ihre Marotten auszutreiben. Kommissar Streesens Mahnungen klangen ihm immer noch in den Ohren wieder: ?Keine Provokation der lokalen Bevölkerung. Sitten und Gebräuche sind zu akzeptieren.?
    Er musste lächeln, als er daran dachte, dass er seinen Männern in den Wochen des Transfers genau dasselbe erzählt hatte. Immer noch lächelnd schlug er den Vorhang zur Seite und trat in die Gemächer ein. Kaltenbrunn hatte nach ihm geschickt, und er wollte den Oberst nicht warten lassen.
    Zu seinem Erstaunen fand er sich zunächst in einem Vorzimmer wieder, in dessen Mitte Kaltenbrunns Adjutant Werner an einem Schreibtisch aus poliertem Holz saß, einen wahren Aktenberg vor sich. Der hagere und ernst wirkende Werner war in das Studium der Papiere vertieft. Er bemerkte Krügers Eintreten nicht einmal.
    Krüger räusperte sich geräuschvoll.
    Werner blickte auf. ?Hauptmann Krüger.?, stellte er fest. Es klang alles andere als erfreut. ?Der Oberst erwartet sie. Ich muss sie warnen, er ist nicht bei bester Laune.?
    Krüger nickte. Er mochte Werner nicht, was wohl auf Gegenseitigkeit beruhte. Der Adjutant war ein Schwätzer, Krüger war Soldat. Ohne ein Wort an den schon wieder ins Aktenstudium vertieften Werner zu verschwenden trat er ins nächste Zimmer vor.
    Er fand Kaltenbrunn nicht am Kartentisch vor, wie er es eigentlich erwartet hätte. Der Oberst saß stattdessen zurückgelehnt, die Stiefel auf einen Hocker gelegt, in einem üppig mit Kissen auskleideten Sessel und hielt einen tönernen Becher in der Hand. Auf einem Beistelltisch neben ihm türmten sich Früchte in einer Schale.
    Krüger salutierte. Der Oberst hob in einer nachlässigen Erwiderung des Grußes die Hand. ?Krüger?, sagte er, ?setzen sie sich.? Er wies auf einen weiteren Sessel.
    ?Bitte um Verzeihung, Sir, aber ich stehe lieber.?, antwortete Krüger. Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken, die Situation war ihm unangenehm.
    ?Natürlich.?, meinte Kaltenbrunn. Der Oberst nippte an seinem Becher, dann erhob er sich. Langsam ging er auf Krüger zu. ?Sie denken wahrscheinlich, ich hätte mich mit dem Garnisonsdienst abgefunden und würde nun die Annehmlichkeiten des Lebens hier genießen, nicht wahr, Hauptmann??
    Es war ein harter Vorwurf, den Kaltenbrunn da äußerte. Krüger nickte dennoch. Es war genau das, was er dachte.
    Kaltenbrunn war einen Moment lang still, seine Augen ausdrucklos auf Krüger gerichtet, dann stahl sich ein Lächeln auf seine ernsten, von Jahren des Krieges zerfurchten Gesichtszüge. ?Sie irren, Hauptmann.?, stellte er nachsichtig fest.
    ?Ich... bin beruhigt, das zu hören, Sir.?, entgegnete Krüger. Es war durch und durch ehrlich gemeint.
    Kaltenbrunn legte seine Hand auf Krügers Schulter. ?Lassen sie mich ihnen etwas über diese Welt erzählen, Krüger.?, sagte er. ?Vielleicht verstehen sie dann, warum ich meinen Widerstand gegen die Abstellung zum Garnisonsdienst aufgegeben habe, als ich von der Stationierung unseres Regiments an gerade diesem Ort erfuhr.?
    ?Ich bin ganz Ohr, Sir.?
    ?Kalopulos III ist eine rückständige Feudalwelt. Die hiesige Kriegerkaste verachtet Feuerwaffen, teils, weil diese Technologie neu für sie ist, teils, weil ihr Ehrenkodex auf dem Zweikampf Mann gegen Mann besteht. Sie haben auf dem Weg hierher diese traurigen Zinnsoldaten gesehen, oder, Hauptmann??



    Das Leben ist wie die Seife in einer Gefängnisdusche!


    ?Ja, Sir.?
    ?Wie sie sich denken können, ist diese Einstellung im Kampf gegen die Feinde der Menschheit äußerst kontraproduktiv. Die versprengten Orkbanden, die durch die Bemühungen der imperialen Raumflotte von ?Waaagh! Grumsnik? abgespalten wurden und auf diesem Planeten gelandet sind, stellen deshalb eine enorme Bedrohung für die imperiale Vorherrschaft dar.?
    Krüger erschauderte innerlich. Einem Orkkrieger im Kampf gegenübertreten zu müssen war schrecklich genug, es ohne Schusswaffe und nur mit Wurfspeer und Kurzschwert zu tun war Wahnsinn. Es war eine verrückte Verdrehung der Vorzeichen: In einem solchen Konflikt hätten die Orks zusätzlich zu ihrer Überlegenheit im Nahkampf auch noch die Überlegenheit an Feuerkraft.
    ?Das 43. Krieg?, fuhr Kaltenbrunn fort, ?ist hier, um zwei Aufgaben zu erfüllen: In erster Linie haben wir die zunehmenden Überfälle der Orks zurückzuschlagen und die einheimische Bevölkerung zu schützen. Darüber hinaus sollen wir aber den Einheimischen ein Beispiel an menschlicher Tapferkeit und Opferbereitschaft geben, wie sie sich nur in der Imperialen Armee finden. Wir sind gewissermaßen hier, um diese halbwilden zu zivilisieren, Krüger.? Der Oberst bedachte Krüger mit einem prüfenden Blick. ?Von diesem eigentlich unbedeutenden Planeten hängt ein beträchtlicher Teil der Nahrungsversorgung für die kämpfenden Regimenter im ganzen Subsektor ab.?
    ?Ich verstehe, Sir.?
    ?Um ihrer Qualifikation gerecht zu werden, Hauptmann, habe ich entschieden, sie und ihre Kompanie mit einem besonders prekären Auftrag zu betrauen.? Kaltenbrunn ging nun zum Kartentisch herüber, Krüger folgte ihm. Auf der detailgetreuen Karte waren die imperialen Siedlungen in herrschaftlichem Purpur markiert. Krüger fiel auf, dass nur wenige hundert Quadratkilometer um die Hauptstadt herum überhaupt Anzeichen menschlicher Besiedlung aufwiesen. Kaltenbrunns Zeigefinger glitt in einem weiten Bogen um die Hauptstadt, fuhr die Grenze zwischen den letzten Siedlungen und der Wildnis nach. Schließlich deutete er auf eine von rechteckigen Begrenzungen umzogene Ansiedlung im Westen der Hauptstadt, etwa zweihundert Kilometer entfernt, wie Krüger schätzte. ?Der Landsitz der Lady Ganaselos.?
    Krüger blickte ihn verständnislos an.
    ?Sie und ihre Kompanie, Hauptmann?, erklärte Kaltenbrunn, ?werden sich dorthin begeben, um bei der Verteidigung des Grenzlands gegen die Orkmarodeure mitzuwirken. An die Streitkräfte der Lady sind bereits umfangreiche Waffenlieferungen ergangen, die aber bisher wenig Nutzen gezeigt haben. Ich verspreche mir von ihrer Entsendung, dass sich dies innerhalb der nächsten Wochen ändern wird.?
    ?Ja, Sir.?, brachte Krüger hervor. Er hatte nicht erwartet, mit seiner Kompanie abseits vom restlichen Regiment stationiert zu werden.
    ?Das wäre alles, Hauptmann. Lassen sie sich im Arsenal für die Mission ausrüsten und setzen sie ihre Kompanie bei Tagesanbruch in Marsch. Sie können wegtreten.?



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    Eine Stunde später inspizierte Krüger seine Kompanie in ihren provisorischen Quartieren. Ein Stall in einem der vielen Nebengebäude des Palastes war für die Männer geräumt worden, und nun lagen ihre Felddecken in langen Reihen nebeneinander, Ausrüstung und Waffen vor dem Schlafplatz jedes Soldaten ordentlich zusammengelegt. Krüger schritt die Reihen ab, sah jedem der neben den Schlafplätzen angetretenen Männer kurz in die Augen, warf einen schnellen, geschulten Blick über die Ausrüstung und bekundete dann mit einem angedeuteten Nicken seine Zufriedenheit. Es war zu einem allabendlichen Ritual in all den Zeiten geworden, in denen die Kompanie nicht im Kampfeinsatz stand. Krüger war stolz darauf, seine Männer selbst zu inspizieren, anstatt dies den Sergeants zu überlassen, wie es allgemein üblich war.
    Die drei Leutnants folgten einen Schritt hinter ihm, den Männern ihres jeweiligen Zuges eine sorgfältigere Prüfung zuteil werden lassend. Auch sie fanden nichts.
    Krüger hatte während dieser abendlichen Inspektionen die drei Männer, die in der Befehlshierarchie direkt unter ihm standen, sehr genau einzuschätzen gelernt. Hallers Führungsstil war ihm schon seit den Kämpfen auf Festinion bekannt; der Leutnant führte so, wie er es auf dem Schlachtfeld von seinen ehemaligen Vorgesetzten gelernt hatte. Seine Herkunft aus den Reihen der gewöhnlichen Infanterie sorgte aber auch dafür, dass er sich intensiv mit seinen Männern beschäftigte, ihre Stärken und Schwächen kannte und gleichzeitig, trotz aller gebotenen Härte, bei den Soldaten tiefes Vertrauen und allgemeine Beliebtheit genoss. Haller war ein harter, unerbittlicher Kämpfer, aber er hatte für seine Männer immer ein offenes Ohr und selbst im Kampf einen ebenso unpassenden wie aufmunternden Spruch auf den Lippen.
    Strauß und Fahrenhorst waren anders: Strauß war ein Karriereoffizier frisch von der Akademie. Er war von adliger Herkunft, was ihm das Offizierspatent praktisch garantiert hatte, und nun war er darauf aus, schnellstmöglich die nächste Sprosse auf der Karriereleiter zu nehmen. Er war jung, arrogant und eitel. Den mit vierzig Jahren fast doppelt so alten Krüger schien er mit stiller Verachtung zu betrachten, auch wenn er sich in Krügers Gegenwart natürlich Mühe gab, das zu verbergen, weil eine allzu offene Konfrontation unweigerlich seine Laufbahn gefährden würde. Krüger hatte genug junge Offiziere wie ihn erlebt, auf der Akademie wie auch in seinem späteren Soldatenleben. Sie waren bei den Männern unbeliebt und in der Schlacht kaum zu sinnvoller Truppenführung fähig. Wenn Strauß jemals in eine Situation geraten sollte, in der er allein Entscheidungsverantwortung trug, so würde dies wahrscheinlich sowohl mit seinem Tod als auch mit dem der ihm unterstellten Männer enden.
    Fahrenhorst hingegen war durchaus kein schlechter Offizier. Daheim auf Krieg hatte er die ersten Jahre seiner Laufbahn als Adjutant im Generalsstab verbracht, was ihn ohne Zweifel geprägt hatte. Auch er war wenig beliebt bei den Männern, jedoch wegen einer ganz anderen Charaktereigenschaft als Strauß: Fahrenhorst war ein Pedant, gründlich bis ins Detail und ganz und gar humorlos. Dies unterschied ihn prinzipiell nicht von den meisten anderen Offizieren, aber Fahrenhorst hatte die Angewohnheit, Theorie und Praxis miteinander zu verwechseln. Er konnte ganze Passagen der Tactica Imperialis auswendig zitieren, sich stundenlang mit Inventarlisten befassen und im Handumdrehen Pläne für das taktische Vorgehen im Kampfgebiet erarbeiten und erläutern, für die andere Männer Stunden gebraucht hätten. Aber es fehlte ihm an der Fähigkeit, seine Männer zu motivieren, sie zu führen und ihnen mit gutem Beispiel im Kampf voranzugehen. Krüger hatte Fahrenhorst bereits zweimal zur Versetzung in den Regimentsstab vorgeschlagen, aber Oberst Kaltenbrunn hatte beide Male abgelehnt. Es hätte Krüger nicht gewundert, wenn Werner bei diesen Entscheidungen eine nicht ganz unwesentliche Rolle gespielt hätte.
    Krüger erklärte die Inspektion für beendet und wünschte den Männern eine gute Nacht. Er hatte die Marschbefehle für den nächsten Morgen bereits verkündet, und sie waren von den Männern mit Gleichmut aufgenommen worden.
    Als er den Stall verließ, folgte ihm Leutnant Haller nach draußen. Krüger lehnte sich einige Meter neben der Tür mit dem Rücken gegen die Lehmziegelwand, zog ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche des Uniformrocks, nahm selbst eine und bot dann Haller ebenfalls eine an.
    Der Leutnant lehnte mit einem Kopfschütteln ab. ?Sie rauchen, Sir??, fragte er, einen erstaunten Ausdruck im Gesicht.



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    Krüger zündete die Zigarette an und nahm einen ersten, tiefen Zug. Langsam stieß er den Rauch wieder in die klare, kalte Nachtluft aus. ?Schwäche, Haller...?, sagte er langsam und nachdenklich. ?Aber es ist nur eine Packung. Ich habe sie seit Festinion.? Er dachte an Sergeant McGregor zurück, die wehrhafte Polizistin, die ihm das Päckchen dort als Geschenk an sein Lazarettbett gebracht hatte.
    Haller lächelte still. ?Gut, dass wir Festinion hinter uns haben, Sir.?, meinte er. ?Es war die Hölle, meinen die Männer.?
    ?Und davor war es Myrmillio III, und davor Jataze, und davor Coreanna Secundus...?, entgegnete Krüger kopfschüttelnd. ?Nein Haller, die Hölle ist hier.? Er nahm einen weiteren Zug.
    ?Hier, Sir??, fragte Haller ungläubig. ?Aber... das hier ist ein Paradies, Sir. Gut, die Orks sind hier, aber wir werden sie töten und ansonsten ein ruhiges Leben...? Haller zögerte.
    ?Sehen sie, Leutnant??, fragte Krüger, auf Hallers Zögern eingehend. ?Sie merken es schon selbst. Dieser Ort wird eine Schwäche nach der anderen zutage treten lassen, wird uns weich, anfällig und disziplinlos werden lassen. Das ist die gefahr, der wir ins Auge sehen müssen.?
    ?Die Männer haben auch auf Festinion geraucht, Sir. Sie haben auch Hochglanzmagazine gelesen, billigen Fusel getrunken und gelegentlich, wenn es eine längere Kampfpause gab, das Truppenbordell besucht. Es wird hier nicht anders werden, Herr Hauptmann. Nicht viel anders, jedenfalls.? Haller lächelte aufmunternd. ?Die Orks und genügend Drill werden uns schon auf Trab halten.?
    ?Drill ist kein Ersatz für den Kampf, Leutnant. Sie sollten das wissen.? Krüger nickte in Richtung von Hallers bionischer Handprothese. ?Sie sind kein guter Offizier geworden, weil ihr Vorgesetzter sie hart gedrillt hat, nicht wahr??
    Hallers Lächeln verbreiterte sich. ?Danke für das Kompliment, Herr Hauptmann. Aber ich verstehe, was sie meinen. Trotzdem halte ich ihre Sicht für zu pessimistisch.?
    ?Der Imperator gebe, dass sie Recht behalten und nicht ich, Haller.?, erwiderte Krüger. Er nahm einen letzten Zug, dann warf er die heruntergebrannte Zigarette zu Boden und trat sie unter der Stiefelspitze aus. ?Ich wäre gern einen Moment allein, Leutnant. Gehen sie zu ihren Männern zurück.?, bat er.
    Haller salutierte und verschwand. Krüger löste sich von der Wand und ging einige Schritte auf dem Hof vor dem Stallgebäude hin und her. Das Dunkel um ihn war angenehm, ebenso die Stille. Hier draußen hörte er kaum den Lärm, den die Männer im improvisierten Schlafsaal bei ihren abendlichen Waschungen und dem damit verbunden Geschwätz machten. Inmitten des Hofs blieb Krüger stehen und schloss die Augen. Wenn er sich fest konzentrierte, so wurden die Steine des Pflasters unter seinen Füßen wieder zu den Trümmerbrocken der zerstörten Makropole Insborough auf Festinion, ähnelten fast den Geröllwüsten auf Krieg...
    ?Hauptmann Krüger.?, sagte eine gedämpfte, aber schneidende Stimme hinter ihm. Er fuhr herum und blickte in Kommissar Streesens hartes Gesicht. Die Augen des Kommissars funkelten hinter den Rundgläsern seiner Brille.
    Krüger salutierte. ?Sir.?
    Streesen maß ihn mit dem typischen, prüfenden Blick, der ihm zu eigen war und den jeder Mann, der schon länger im Regiment diente, kannte und den die meisten zu fürchten gelernt hatten. ?Was tun sie hier draußen, Krüger??, fragte der Kommissar.
    ?Ein Spaziergang, Sir.?, erwiderte Krüger eilig. Er war sich keiner Schuld bewusst, aber es war nicht gut, gegenüber Streesen zögerlich zu erscheinen.
    Streesens Mundwinkel deuteten ein Lächeln an. ?Schon gut, Hauptmann. Eine dumme Angewohnheit, die mein Rang und meine Aufgabe wohl mit sich bringen; ich stelle einfach zu viele Fragen...? Streesen wurde abrupt wieder ernst. ?Aber es ist gut, dass ich sie allein treffe, Hauptmann. Ich habe mit ihnen zu reden.? Streesen schnippte mit seinen behandschuhten Fingern. Aus der Dunkelheit hinter ihm erschien ein weiterer, in die schwarze Uniform eines Kommissars gekleideter Mann. Er unterschied sich von Streesen insoweit, dass er deutlich jünger war und weder eine Offiziersmütze noch die goldenen Litzen trug, die normalerweise einen Mann seiner Funktion kennzeichneten.
    ?Das ist Kommissar-Kadett van Bent.?, erläuterte Streesen.
    Krüger salutierte noch einmal. Der junge Kommissar erwiderte den Gruß.
    ?Van Bent wird ihre Kompanie auf ihrer Mission begleiten, Krüger.?, fuhr Streesen fort. ?Ich wünsche, dass er in jeder Hinsicht die Aufgaben eines vollwertigen Kommissars wahrnimmt und dementsprechend von ihnen und ihren Untergebenen behandelt wird. Nach Abschluss ihrer Mission wird er mir Bericht über die Leistungen ihrer Kompanie erstatten, und sie werden im Gegenzug eine Beurteilung seiner Leistung abgeben.?
    Der junge Kommissar reichte Krüger die Hand. Krüger schlug ein. ?Auf gute Zusammenarbeit, Hauptmann Krüger.?, wünschte van Bent.
    ?Auf gute Zusammenarbeit, Sir.?, entgegnete dieser.
    Van Bent deutete auf die Ausrüstung, die er auf dem Rücken trug. ?Ich würde gern mein Nachtquartier bei den Männern beziehen, Hauptmann. Mit ihrer Erlaubnis.?, sagte er.
    Krüger nickte und wies auf das Stallgebäude. ?Der Schlafsaal ist dort drin, Sir.?, erklärte er. ?Ich wünsche eine gute Nacht, Sir.?



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    ?Ihnen ebenfalls eine gute Nacht, Hauptmann. Gute Nacht, Kommissar Streesen.?, sagte van Bent noch und verschwand ohne ein weiteres Wort in Richtung des Stalls.
    Streesen blieb noch bei Krüger stehen. ?Nun, wie sie sich denken können, Krüger, habe ich noch einige Worte an sie zu richten, die nicht für van Bents Ohren bestimmt sind.?, erklärte er schließlich.
    ?Ich höre, Sir.?
    Streesen beugte sich zu Krüger vor. Sein Blick glitt über die Ehrennadel der Ekklesiarchie, die Krüger nach den Kämpfen um die Kathedrale auf Festinion verliehen bekommen hatte. ?Ich wünsche?, sagte er leise, ?dass sie sich des Kadetten van Bent annehmen, Krüger. Sie sind ein erfahrener und bewährter Offizier, was sowohl ich als auch Oberst Kaltenbrunn zu schätzen wissen. Van Bent ist ein fähiger junger Mann, aber er braucht Anleitung und Erfahrung, die er nur in fordernden und gefährlichen Situationen erwerben kann. Passen sie also auf ihn auf und sehen sie ihm nach, wenn er gelegentlich etwas zu forsch vorgeht.?
    ?Wie sie befehlen, Sir.?, bestätigte Krüger, obwohl ihm die Aussicht, einen weiteren unerfahrenen Mann um sich zu haben gar nicht gefiel. Schon gar nicht einen übereifrigen Kommissar-Kadetten, der sich nur zu leicht von einer Lappalie zu einer standrechtlichen Feldexekution hinreißen ließ...
    ?Sie werden die Gesellschaft van Bents durchaus angenehm finden, Krüger. Er ist ein gebildeter und umsichtiger Mann, erstaunlich reif für sein Alter. Lassen sie ihm so weit wie möglich seinen Freiraum und schreiten sie nur ein, wenn die Situation seiner Kontrolle zu entgleiten droht. Ich gehe jedoch davon aus, dass sie keine Schwierigkeiten mit ihm haben werden...?
    Als Krüger und die Kompanie am nächsten Morgen die Hauptstadt verließen, war der Himmel grau und wolkenverhangen. Die Luft war klar und kalt wie schon am Vortag. Es sah nach Regen aus.
    Sie kamen auf den gepflasterten Straßen, die in einem sternförmigen Muster von der Hauptstadt wegführten, schnell voran. Bis Mittag hatten sie einen guten Teil der 50 Kilometer, die Krüger für den Tag eingeplant hatte, bereits zurückgelegt. Krüger, an der Spitze der Kolonne marschierend, nahm es mit Befriedigung zur Kenntnis, als er, einen blick auf die Karte werfend, eine einstündige Rast befahl.
    Er konnte nicht klagen, dachte er, als er sich am Straßenrand niedersetzte und den Blick über die Soldaten der Kompanie schweifen ließ, die sich daran machten, ihre abgepackten Rationen zu verzehren und ihre Ausrüstung einer kurzen Überprüfung zu unterziehen. Die Kompanie hatte von Seiten des Arsenals alles bekommen, was für ihre Mission vonnöten war: Schwere Waffen und Infanterieunterstützungswaffen waren in ausreichender Zahl ausgeteilt worden, um jeden Trupp damit ausrüsten zu können, und auch an Munition herrschte kein Mangel. Die Männer, die sich auf dem marsch mit dem zusätzlichen schweren Gepäck abmühen mussten machten zwar einen eher unzufriedenen Eindruck, aber später würden auch sie diesen Umstand zu würdigen wissen.
    Haller trat heran, auf einem der trockenen Rationsriegel kauend, und setzte sich neben Krüger ins Gras. Der Leutnant nahm die Mütze ab und legte sie behutsam neben sich, dann strich er mit der freien Hand durch sein kurzgeschorenes Haar. ?Ich werde mich nie daran gewöhnen können, keinen Stahlhelm mehr zu tragen.?, sagte er mehr zu sich selbst als zu Krüger.
    ?Sie können ihn jederzeit wiederbekommen, Haller.?, murmelte Krüger.
    Haller blickte ihn ebenso erschrocken wie verständnislos an.
    ?Ein Scherz, Haller, nur ein Scherz...?, erklärte Krüger schnell. Er hatte nicht damit gerechnet, dass die spitze Bemerkung den sonst so selbstbewussten Leutnant in diesem Maße irritieren würde.
    Haller lachte pflichtschuldig. Krüger wusste, dass sein Humor nicht mit dem des Leutnants mithalten konnte. Deshalb erstaunte es ihn, dass Haller seine Nähe geradezu zu suchen schien. Er hatte sich schon lange vorgenommen, den Leutnant einmal in einem ruhigen Augenblick darauf anzusprechen, war aber bisher nie dazu gekommen. Auch jetzt war wohl kaum der richtige Zeitpunkt...
    ?Hauptmann Krüger, bisher bin ich mit ihrer Kompanie in vollstem Maße zufrieden.?, erklärte Kommissar-Kadett van Bent und trat unaufgefordert an die beiden Männer heran. Er ging in die Hocke, um die Rückseite seines langen Mantels nicht zu beschmutzen und trotzdem mit Krüger auf Augenhöhe zu sein.
    ?Das freut mich, Sir.?, entgegnete Krüger. Van Bent hatte noch nichts gesehen außer einer simplen Marschordnung und einem Schlafsaal bei Nacht, und schon maß er sich an, eine Beurteilung abgeben zu können. Krügers Missbilligung des jungen Kommissars wuchs.
    ?Die Armee könnte zweifelsohne mehr fähige Offiziere wie sie gebrauchen, Hauptmann.?, fuhr van Bent in einem Tonfall fort als habe er bereits ein Dutzend Jahre als leitender Kommissar des Regiments gedient und dabei die halbe Galaxis gesehen.
    ?Das Regiment kann in der Tat froh sein, einen solch engagierten Offizier wie Hauptmann Krüger zu haben, Sir.?, schaltete sich Haller von der Seite in das Gespräch ein. Er verschlang das letzte Stück des Rationsriegels, drückte die Verpackung in der stählernen faust seiner bionischen Prothese zusammen und ließ die zerknüllte Folie dann in der Seitentasche seines Uniformrocks verschwinden. ?Er ist ein wahres Juwel, wenn sie mir diese Bemerkung gestatten.?
    Krüger warf ihm einen Seitenblick zu, von dem er hoffte, dass er dem Leutnant eine recht genaue Vorstellung davon vermittelte, was er von dieser Bemerkung hielt.
    Van Bent ließ sich jedoch von dieser Uregelmäßigkeit, wenn er sie denn überhaupt bemerkt hatte, nicht beirren und erklärte: ?Es freut mich, dass ihre Männer und ich uns in der Beurteilung ihrer Fähigkeiten einig zu sein scheinen, Hauptmann Krüger.? Er tippte grüßend mit dem Zeigefinger an die Augenbraue. ?Ich empfehle mich, Hauptmann. Leutnant.? Er nickte Haller noch zu, dann stand er wieder auf und ging davon, um zwischen den Männern der Kompanie zu verschwinden.
    ?Schwätzer.?, zischte Krüger, als van Bent außer Hörweite war.
    Haller neben ihm gefiel sich darin, idiotisch zu grinsen und mit scheinbarer Geistesabwesenheit die Krümel seines Rationsriegels von seinem Uniformrock zu streichen. ?Was genau meinen sie, Hauptmann??, fragte er in provozierender Langsamkeit. ?Der Kommissar-Kadett scheint mir ein recht umgänglicher Bursche zu sein. Er bewundert sie, Sir.?
    ?Eben das ist es.?, sagte Krüger. ?Es liegt nicht in meinem Interesse, bewundert zu werden, Haller. Respekt?, fügte er hinzu, das Wort scharf betonend, ?ist alles, woran mir liegt.?
    Haller wurde wieder ernst. ?Wenn ich mich respektlos verhalten haben sollte, Sir...?



    Das Leben ist wie die Seife in einer Gefängnisdusche!


    Krüger winkte ab. ?Vergessen, Leutnant.?
    ?Sie wissen, dass die Männer und ich mit vollem Respekt hinter ihnen stehen, Hauptmann.?, sagte Haller trotzdem. ?Sie wissen es doch, oder??
    Das Gehöft musste einmal aus einer ganzen Gruppe großer Hauptgebäude aus Stein bestanden haben, flankiert von Vorratsschuppen und Ställen aus Holz. Jetzt waren von all dem nur noch niedergebrannte Grundmauern übrig, von deren schwelender Asche noch immer Hitze ausging. Das Grasland war in weitem Umkreis versengt, auf den bräunlichschwarzen Überresten der Weiden lagen verstümmelte Tierkadaver. Zwischen den Gebäuden waren zusammengekrümmte, verkohlte Überreste das Einzige, was von den ehemaligen Bewohnern noch übrig war. Der Brandgeruch stach scharf in Krügers Nase.
    Es war der dritte Tag ihres Marsches. Noch einen weiteren Tag, dann würden sie das Grenzland erreicht haben. Doch schon hier waren die Spuren der Orkübergriffe unübersehbar.
    ?Lassen sie ihren Zug die Umgegend auskundschaften.?, befahl Krüger dem neben ihm stehenden Strauß. ?Ich will keine bösen Überraschungen erleben, wenn wir weiter marschieren.?
    Strauß nickte stumm und ging davon. Krüger wandte sich van Bent zu. Der Kommissar-Kadett war beim Anblick des niedergebrannten Bauernhofs und der übel zugerichteten Kadaver blass geworden.
    ?Bestien.?, sagte van Bent leise.
    Krüger nickte. ?Die Orks kennen im kein Erbarmen, Sir. Sie schonen auch Unschuldige nicht.?
    ?Sehet, solcher Art sind die Feinde der Menschheit.?, murmelte van Bent. ?Ihr sollt sie an ihren Taten erkennen, so wie ihr sie schon am Äußeren erkennt.?
    ?Das ist aus der Ansprache des Sebastian Thor vor den Schwestern vom Orden der Blutigen Rose des Ordo Militaris, nicht wahr??, fragte Krüger.
    Van Bent nickte stumm.
    Krüger trat einen Schritt näher an den jungen Kommissar heran. ?Sir, sie sollten vielleicht einige Schritte gehen.?, schlug er vor. ?Es hilft ihnen vielleicht. Meine Männer kommen zurecht.?
    Van Bent blickte ihn mit traurigen Augen an. ?Es sollte meine Aufgabe sein, die Männer wieder aufzurichten, wenn sie in Furcht oder Zweifel geraten.?, flüsterte er. ?Nicht ich sollte es sein, der einer Stütze bedarf...?
    ?Es gibt keinen Grund, sich Vorwürfe zu machen, Sir.?, entgegnete Krüger. ?Die Situation ist nicht einfach für jemanden, der... der...? Er zögerte. Er sollte eine solche Aussage einem kommissar gegenüber nicht treffen, nicht in der Formulierung, die er angefangen hatte.
    ?Unerfahren ist.?, vollendete van Bent den Satz für ihn.
    ?Ja.?, sagte Krüger.
    ?Ich verstehe, Hauptmann.? Van Bent hob in einer Geste der Entschlossenheit das Kinn und straffte die Schultern. ?Ich werde ihrem Rat folgen.?, erklärte er. ?Entschuldigen sie mich.?
    Als er davonging, dem sich bietenden, unberührten Panorama der Hügellandschaft zugewandt, wirkte er auf Krüger plötzlich, als sei sein schwarzer Ledermantel um zwei Nummern zu groß für ihn; so als habe sich ein Kind als Kommissar verkleidet. Allerdings ein sehr gefährliches Kind, dachte Krüger, mit einer Laserpistole im Holster und der Erlaubnis, sie einzusetzen, um seiner Meinung Gültigkeit zu verschaffen. Krüger hoffte, dass er nicht van Bents Trotz geweckt hatte.
    Strauß kehrte schneller zurück, als Krüger erwartet hätte. Er salutierte in zackiger Perfektion. ?Die Orks müssen bereits eine ganze Weile fort sein.?, meldete er. ?Meine Männer haben nur noch Patronenhülsen im Gras gefunden, aber nicht eine tote Grünhaut.?
    Krüger nickte. ?Sie können wegtreten, Leutnant. Unterrichten sie ihre Männer, dass wir in einer Viertelstunde unseren Marsch fortsetzen.?
    Strauß salutierte erneut und wandte sich zum Gehen. Krüger wusste, dass der junge Leutnant ein Lob für die Ausführung des Auftrags erwartet hatte. Strauß war süchtig nach Anerkennung, weil er sich davon die schnellere Aussicht auf eine Beförderung versprach. Krüger sah jedoch nicht ein, sie ihm zu gewähren. Nicht Strauß hatte gerade seine Qualität bewiesen, sondern die Männer seines Zuges.
    Krüger seufzte. Nun, da es ernst wurde, sah er dem Kampf nicht mehr mit derselben Erwartung entgegen, wie er sie noch im Gespräch mit Haller am Abend vor ihrem Aufbruch geäußert hatte. Seine Männer würden hier keine Ruhe bekommen.
    Um die Mittagszeit des übernächsten Tages erreichten sie ihren Bestimmungsort. Auf einem Hügel vor ihnen erhob sich eine Gruppe zweistöckiger, reich mit Säulen und geschwungenen Dächern verzierter Gebäude, die von einer gut zwei Meter hohen Umfassungsmauer am Fuß des Hügels umgeben war. Die Gebäude waren in Form eines Hufeisens angeordnet, um einen weitläufigen Innenhof herum, von dem ein gepflasterter Weg durch ein Tor in der Mauer bis zur Straße herabführte.
    Krüger beschleunigte seinen Schritt, um eine Weile vor der Kolonne am Tor anzulangen. Eine ganze Kompanie imperialer Soldaten mochte auf ihre Gastgeber leicht bedrohlich wirken, wenn sie unangekündigt erschien. Krüger wollte deshalb zunächst ? wie es sich für einen Offizier der Imperialen Armee gehörte ? das Kommen seiner Männer melden und ihre Gastgeberin förmlich um Erlaubnis bitten. Es mochte unnötig sein, in Anbetracht der Tatsache, dass die Lady Ganaselos wohl selbst um die Entsendung der Truppen ersucht hatte, aber es gehörte zur Etikette, wie der imperiale Adel sie auch auf dieser Welt zweifelsohne verlangte.
    Krüger musste feststellen, dass das Tor verschlossen war. Er rüttelte an dem massiven Bronzegitter. Zunächst tat sich nichts, dann erschien ein behelmter Kopf über der Mauer. Dunkle Augen blitzten Krüger aus der Gesichtsplatte des Helms heraus feindselig an. Ein von einem üppigen dunklen Bart umgebener Mund formte eine einfache, unmissverständliche frage. ?Wer seid ihr, mein Herr?!?
    Krüger hörte hinter der Mauer das Schaben und Scheppern von gegeneinaderschlagenden Metallteilen. Eine ganze Gruppe gerüsteter und bewaffneter Männer musste dort sitzen, darauf wartend, dass er die falsche Antwort gab.



    Das Leben ist wie die Seife in einer Gefängnisdusche!


    ?Hauptmann Rolf Krüger vom 43. Regiment des Todeskorps von Krieg, Offizier der Armee des heiligen Imperators.?, sagte er, so sachlich und formell wie möglich. ?Meine Kompanie wurde hierhin befohlen. Ich ging davon aus, man würde uns erwarten.?
    ?Man hat uns Soldaten versprochen, kein Lumpenpack.?, erwiderte der finstere Krieger von der Mauer herab und spuckte geräuschvoll aus, um seiner Verachtung Ausdruck zu verleihen. ?Wir dachten, man würde Männer schicken, kein feiges Gesindel mit Schusswaffen und Kleidern, wie Banditen sie zu tragen pflegen.?
    Krüger blickte an sich herab. Die dunkelgraue Uniform war in einwandfreiem Zustand, Stiefel und Rangabzeichen auf Hochglanz poliert. ?Wer genau seid ihr, mein Herr??, fragte er.
    ?Ich?, brummte der Mann und hob stolz das bärtige Kinn, ?bin Hauptmann Iolaos, Sohn des Itraiceos und Anführer der Garde unserer Lady Ganaselos.?
    ?Ich wäre dankbar, Hauptmann, wenn ihr zumindest mich und eine Abordnung meiner Offiziere einlassen würdet, um mit der Lady selbst etwaige Probleme, die unsere Anwesenheit hier bereiten mag, zu klären und zu beseitigen.?, sagte Krüger. ?Nach meinen Informationen ist unsere Anwesenheit hier vonnöten, um den hiesigen Kampf gegen die Orks zugunsten des Imperators zu wenden.?
    ?Ihr wollt die Grünhäute besiegen??, fragte Hauptmann Iolaos. ?Unsere besten und ehrenhaftesten Krieger sind bei dem Versuch, dies zu tun, von diesen Bestien getötet worden.? Erneut strafte er Krüger mit einem Blick, der nichts anderes als offene Feinseligkeit enthielt. ?Der erbärmliche Pöbel, den ihr Soldaten schimpft, wird es nicht besser machen können.?
    ?Ich wünsche mit der Lady darüber zu sprechen, Hauptmann.?, wiederholte Krüger nachdrücklich.
    ?Sie wird keine andere Ansicht dazu vertreten als ich, mein Herr.?, sagte Iolaos, befahl aber gleichzeitig seinen bisher unsichtbaren Männern mit einem Nicken, das Tor für Krüger zu öffnen.
    ?Wir werden sehen.?, sagte Krüger nur, dann wandte er sich um, um seine Eskorte für das Gespräch auszuwählen.
    Hauptmann Iolaos führte Krüger, Haller und den sie begleitenden van Bent schließlich mit sichtlichem Widerwillen den Pfad vom Tor zum eigentlichen Landsitz hinauf. Während der Hauptmann mit schwankendem Helmschmuck vorausstapfte und unverständliche Bemerkungen vor sich hin murmelte, gingen vier seiner Männer mit angelegten Wurfspeeren hinter den imperialen Offizieren her.
    Sie wirkten, sah man von den etwas weniger auffälligen Rosshaarbürsten auf ihren hohen Helmen ab, fast wie identische Kopien ihres Hauptmanns. Alle hatten sie dieselben vor Verachtung blitzenden dunklen Augen, denselben mürrischen Ausdruck um die Lippen und die gleiche, ebenso entschlossen wie feindselig wirkende Körperhaltung. Ihre Rüstungen und Waffen klapperten bei jedem Schritt leise.
    Im Hof des Landsitzes wartete bereits eine ansehnliche Ansammlung von Menschen auf die Gruppe. Aus der Mitte der eher schicht gekleideten Männer und Frauen traten zwei Damen hervor, deren seidene Gewänder und funkelnder Schmuck sie unzweifelhaft als Adlige auswiesen. Die Größere der beiden Damen eilte auf Iolaos zu.
    ?Hauptmann!?, rief sie streng und in einem Ton, der erahnen ließ, dass sie zu befehlen gewohnt war. ?Behandelt man so Gäste, noch dazu Verbündete?!?
    Die Männer hinter den drei Imperialen senkten augenblicklich ihre Speere zu Boden und nahmen eine weniger feindselige Haltung ein.
    ?Mylady, diese Männer...?, entgegnete Iolaos ebenso resignierend wie mürrisch, aber die Frau ignorierte ihn schlicht und einfach. Sie ging direkt auf Krüger zu. Er straffte augenblicklich seine Haltung und salutierte.
    ?Willkommen, imperiale Freunde.?, verkündete die Lady mit einem Lächeln, das zwei Reihen blitzender, perlenweißer Zähne enthüllte. Sie war eine echte Schönheit mit ebenmäßigem, erhabenem Gesicht, in dem die Jahre noch keine Spuren hinterlassen hatten, dunklen Augen und zu einem komplizierten Gebilde hochgestecktem schwarzen Haar. Die helle, bunte Seide, die ihren schlanken Körper umschlang, enthüllte mehr von ihren Reizen als sie verbarg. Ihren Hals und ihre Ohren schmückten spiralförmige Schmuckstücke aus Silber und Perlen.
    ?Lady Ganaselos, wie ich annehme??, fragte Krüger mit dem sanften Tonfall eines Gentlemans, so wie er es auf der Akademie gelernt hatte. Als sie die Frage mit einem freudigen Nicken bestätigte, verbeugte sich Krüger tief. Van Bent und Haller taten es ihm gleich.
    ?Ich bin Hauptmann Rolf Krüger vom 43. Regiment des Todeskorps von krieg, Offizier der Armee des heiligen Imperators der Menschheit, Mylady.?, stellte sich Krüger vor, kaum dass er sich wieder aufgerichtet hatte. Er wies erklärend auf van Bent und Haller. ?Dies sind meine Begleiter, Kommissar-Kadett van Bent und Leutnant Haller.?
    ?Es ist eine wahre Ehre, euch und eure Lehnsmänner kennenzulernen , Hauptmann.?, sagte Lady Ganaselos und ließ sich von jedem der Männer einen angedeuteten Kuss auf die ausgestreckte Hand hauchen. ?Man hat meine Bitte um Hilfe also endlich erhört.?
    ?Ich glaube nicht, dass...?, mischte sich Iolaos ein, verstummte aber augenblicklich auf ein Handzeichen der Lady.
    ?Ihr müsst wissen, Hauptmann?, fuhr Lady Ganaselos fort, ?dass diese wilden und barbarischen Grünhäute unsere Ländereien seit Jahr und Tag heimsuchen. Hauptmann Iolaos und seine tapferen Männer tun ihr möglichstes, doch reicht es kaum aus, um der Übergriffe Herr zu werden. Es erfüllt mein herz mit Freude, dass das Imperium uns nun zur Hilfe gekommen ist.?
    ?Wir werden unser möglichstes tun, Mylady.?, sagte Krüger. ?Die Männer unter meinem Kommando haben bereits gegen die Orks gekämpft.?
    ?Ihr habt natürlich für die Dauer des Kampfes freie Hand über alles auf meinem Landsitz, Hauptmann, einschließlich meiner eigenen Garde und der Waffenvorräte.?
    ?Waffenvorräte, Mylady??, fragte Krüger nach.
    ?Nun?, entgegnete Lady Ganaselos, ?unsere imperialen freunde haben uns bereits vor einigen Monden mit Waffen versorgt, wie auch ihr und eure Lehnsmänner sie tragt.?. Sie deutete auf die Boltpistole in Krügers Holster. ?Bedauerlicherweise weigert Hauptmann Iolaos sich, sie im Kampf gegen die Orks einzusetzen. Ich hatte gehofft, dass ihr vielleicht die Unterweisung der Männer im Gebrauch dieser fremdartigen Dinge übernehmen könntet.?



    Das Leben ist wie die Seife in einer Gefängnisdusche!


    ?Selbstverständlich, Mylady.?, bestätigte Krüger, was ihm einen bösen Seitenblick von Iolaos einbrachte.
    ?Großartig, Hauptmann.?. Die Lady wandte sich um und wies auf die Nebengebäude des Landsitzes. ?Wir haben für eure Lehnsmänner Schlafquartiere in den Ställen vorbereitet, dort wo es warm und trocken ist. Ihr und eure engsten Gefolgsleute residiert natürlich in eigenen Gemächern in meinem bescheidenen Heim.?
    ?Ich danke euch, Mylady.?, sagte Krüger, über die fremdartigen, ortsüblichen Formulierungen hinweggehend. ?Wenn ihr erlaubt, werde ich nun meine Männer sammeln und Quartier beziehen lassen.?
    ?Natürlich, Hauptmann.?. Die Lady nickte. ?Doch zuvor möchte ich euch noch meine Tochter vorstellen.? Sie wandte sich um und winkte mit einer unglaublich eleganten Handbewegung die zweite Dame heran.
    ?Meine Tochter Eurydike.?, sagte die Lady, und die herangetretene Dame machte einen höflichen Knicks. Sie war von gleichem Aussehen wie ihre Mutter, nur eben gerade erst dem Mädchenalte entwachsen. Als Krüger auch sie mit einer Verbeugung und einem Handkuss begrüßte, huschte über ihren wohlgeformten Mund ein erfreutes Lächeln.
    ?Es würde mich freuen, euch und eure getreuesten Lehnsmänner heute Abend an meiner Tafel als Gäste bewirten zu dürfen.?, sagte Lady Ganaselos. ?Aber nun geht und kümmert euch um eure Männer, Hauptmann.? Sie entließ Krüger mit einer weiteren grazilen Handbewegung.
    ?Wir nehmen die Einladung mit Freuden an, Mylady.?, sagte Krüger noch, dann wandte er sich nach einer letzten Verbeugung um und ging zum Tor zurück.
    Die Stimmung unter den Männern der Kompanie war an diesem Abend bestens. Die Bediensteten ihrer Gastgeberin hatten ein dutzend gebratene Lämmer und Wein in länglichen, tönernen Amphoren gebracht. Es war eine nur zu willkommene Abwechslung von den trockenen Rationsriegel oder dem grauen Brei der Feldküchen.
    Krüger hatte die Sergeants ermahnt, den Wein nur in Maßen ausschenken zu lassen und auf die Disziplin der Männer acht zu geben, während er fort war, auch wenn er wusste, dass es unnötig war. Seine Männer waren diszipliniert genug, um nicht über die Strenge zu schlagen oder sich sinnlos zu besaufen, sosehr sie auch nach einigen Momenten des Vergnügens trachten mochten.
    Ein Klopfen an der Tür seines Quartiers ließ Krüger im Glattstreichen seines Uniformrocks vor dem Spiegel innehalten. ?Herein.?, sagte er.
    Kommissar-Kadett van Bent öffnete die Tür und trat in den kleinen, aber durchaus komfortabel eingerichteten Raum. Der Junge Mann musterte Krüger einen Moment lang mit scheinbarer Belustigung, bevor er bemerkte: ?Ihnen scheint an ihrer Wirkung auf die Lady zu liegen, Hauptmann.?
    ?Ich bin Repräsentant des Imperiums, Sir.?, entgegnete Krüger und schloss den obersten Knopf des Uniformrocks. ?Ich sollte in ordentlichem Aufzug erscheinen, finden sie nicht??
    ?Natürlich, Hauptmann.?, bestätigte van Bent. Er strich über die Brust seines Mantels und blickte verlegen zu Boden. ?Ich wollte sie nur darüber informieren, dass ich sie nicht zum Essen begleiten werde.?
    ?Warum nicht, Sir??, fragte Krüger erstaunt. Er hatte fest erwartet, dass der junge Kommissar diese Gelegenheit, sich auf höherem gesellschaftlichem Parkett zu bewegen, wahrnehmen würde. Wenn Krüger in seiner Laufbahn über Kommissare eins gelernt hatte, dann war es, dass sie in ihrer Strenge und Unnachgiebigkeit nur noch von ihrer Eitelkeit übertroffen wurden. ?Fühlen sie sich nicht wohl??
    ?Doch, Hauptmann, doch...?, murmelte van Bent. ?Ich dachte nur, dass meine Anwesenheit bei den Soldaten heute nacht vielleicht sinnvoller wäre. Ich möchte soviel wie möglich im Umgang mit den Männern lernen, verstehen sie??
    ?Selbstverständlich, Sir.?, sagte Krüger, obwohl ihm mehr als bewusst war, wie wenig erfreut die Männer über die Anwesenheit eines aufstrebenden Kommissars seien würden. ?Aber... Unsere Gastgeberin wird enttäuscht sein, wenn sie ihrer Einladung nicht folgen.?
    ?Sie werden mich entschuldigen, Hauptmann.?, sagte van Bent, nun mit der Bestimmtheit, die einem Mann seiner Funktion gebührte. ?Ich darf zudem vorschlagen, dass sie Leutnant Strauß an meiner Stelle mitnehmen??
    Krüger nickte widerwillig. ?Strauß...?, murmelte er. ?Nun, der Leutnant wird sich darüber freuen, zumal ich Leutnant Fahrenhorst für heute nacht die Aufsicht über die Kompanie anvertraut habe.?
    In der Tat, dachte sich Krüger, Strauß würde sich freuen. Dem gelackten Leutnant würde es gerade recht sein, seine protzende Art vor anderen Angehörigen des imperialen Adels vorzuführen. Krüger sah sich bereits von dem in dem ihm wohlbekannten Umfeld auftrumpfenden Strauß zu einer bloßen Nebenfigur des Tischgesprächs deklassiert.
    ?Dann sind wir uns also einig, Hauptmann.?, stellte van Bent fest. ?Ich werde sie nun wieder allein lassen, damit sie sich fertig machen können. Guten Abend, Hauptmann Krüger.? Der junge Kommissar salutierte und ging, die Tür hinter sich schließend.
    Krüger schüttelte müde den Kopf, dann setzte er in einer Geste der Entschlossenheit seine Mütze auf, deren Schirm er eine gute habe Stunde zuvor sorgfältig poliert hatte. Von Strauß würde er sich an diesem Abend nicht zum Narren machen lassen. Der Leutnant mochte sich auf gesellschaftlichem Parkett zu bewegen wissen, aber Krüger hatte ihm Rang, Erfahrung und Alter voraus...
    Mit schnellem Schritt verließ er sein Quartier und legte den kurzen Weg zu Leutnant Hallers Unterkunft zurück. Der Leutnant bewohnte eine gleichartige Kammer, die von Krügers Quartier nur gute zwanzig Meter den Flur entlang entfernt lag. Krüger klopfte und trat ein.
    Haller war noch nicht fertig angekleidet. In Uniformhose und Unterhemd stand er vor dem Spiegel, ein Rasiermesser in der Linken und weißen Schaum im Gesicht. In einer Schüssel vor ihm dampfte heißes Wasser.
    Haller wandte sich langsam, mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen zu Krüger um. ?Guten Abend, Sir.?, begrüßte er ihn.
    ?Guten Abend, Leutnant.?, erwiderte Krüger. ?Sie sind noch nicht fertig??
    Haller zuckte die Achseln und hob dann erklärend die bionische Prothese, die seine rechte Hand ersetzte. ?Seit ich dieses Ding habe, dauert die Rasur etwas länger, Sir. Ich habe kein Gefühl darin, also muss ich das Messer mit links führen, und darin bin ich immer noch nicht wirklich geübt...?. Haller senkte den Arm wieder. ?Sie könnten schon ohne mich vorgehen, Sir.?



    Das Leben ist wie die Seife in einer Gefängnisdusche!


    ?Unsinn, Haller.?, sagte Krüger barsch. ?Ich lege keinen gesteigerten Wert darauf, die Gesellschaft von Leutnant Strauß allein ertragen zu müssen.?
    ?Strauß wird uns begleiten, Sir??, fragte Haller irritiert. Er verzog die Augenbrauen. ?Ich dachte, dass Kommissar-Kadett...?
    ?Das dachte ich auch.?, schnitt Krüger ihm das Wort ab. Kurzentschlossen ließ er die Tür hinter sich ins Schloss fallen und nahm auf einem Stuhl neben Hallers Bett platz.
    Haller hatte sich wieder dem Spiegel zugewandt. Krüger fielen die weißlichen Narben auf Hallers muskulösen Oberarmen und den vom Unterhemd nicht bedeckten Teilen des Oberkörpers auf. Es musste Haller auf Myrmillio III schlimmer erwischt haben, als Krüger bisher gehört hatte. Die Narben deuteten auf einen wahren Hagel von Splittern hin, der sich in Hallers Körper gegraben hatte.
    ?Sie sehen gut aus, Sir, wenn sie mir die Bemerkung gestatten.?, sagte Haller, die Klinge über die Wangen führend.
    Krüger war zu überrumpelt von diesem ebenso unerwarteten wie unangebrachten Kompliment, dass er nichts anderes herausbekam als ein irritiertes ?Danke, Leutnant.?
    ?Die Lady wird angetan sein, von ihrem Auftreten.?, fuhr Haller fort, ohne sich an Krügers Reaktion nur im Mindesten zu stören. ?Ein Mann ihres Formats hat es sicher einfach bei Frauen, auch wenn ihr Charme bei der ehrwürdigen Lady Prioris auf Festinion versagt hat...?
    Krüger fühlte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss. Er wurde nicht schlau aus Hallers Verhalten in der letzten Zeit. Was trieb den Leutnant an, solchen offensichtlichen Unsinn und solch überzogene Schmeichelein von sich zu geben? Und noch viel dringlicher: Meinte er das alles etwa ernst?!
    Das Abendessen fand zu Krügers Überraschung in den Privatgemächern der Lady statt. Ein Diener führte ihn, Haller und Strauß in einen hallenartigen, nur spärlich von Öllampen erleuchteten Gesellschaftsraum, in dessen Mitte eine ovale Tafel aufgebaut war. Vier Personen bereits dort und erhoben sich, als Krüger und seine beiden Leutnants eintraten: Lady Ganaselos, ihre Tochter Eurydike, Hauptmann Iolaos und ein weiterer Mann, den Krüger bisher noch nicht kennen gelernt hatte und der in ein einfach geschnittenes blaues Gewand gehüllt war. Die beiden Frauen waren in prunkvolle, seidene Gewänder gekleidet, die die vom Mittag an Wirkung auf Augen und Geist noch übertrafen, Iolaos hingegen hatte sich nicht die Mühe gemacht, seine Rüstung auch nur zu polieren. Sein Helm lag vor ihm auf dem Tisch.
    Lady Ganaselos nickte grüßend. ?Hauptmann Krüger, es ist eine Ehre, euch und eure Lehnsleute an meinem Tisch begrüßen zu dürfen.? Sie wies auf die anderen personen. ?Meine Tochter und den wackeren Hauptmann Iolaos kennt ihr bereits. Der dritte im Bunde ist Patriklos, mein treuer Gutsverwalter.?
    Der Mann in dem blauen Gewand neigte respektvoll das Haupt. ?Es ist eine Ehre, euch kennenzulernen, Hauptmann.?
    Krüger erwiderte den Gruß mit einem Nicken und stellte dann seinerseits seine Begleiter vor: ?Leutnant Haller kennt ihr bereits, Mylady. Leutnant Strauß begleitet mich auf meinen Wunsch hin, um Kommissar-Kadett van Bent zu ersetzen. Der Kommissar fühlt sich nicht wohl und erbittet eure Verzeihung für sein Fernbleiben.?
    ?Nun?, entgegnete Lady Ganaselos, ?der junge Kommissar-Kadett verpasst einen interessanten Abend, aber selbstverständlich entschuldige ich sein Fehlen. Ich hoffe auf seine baldige Genesung.? Sie lächelte nachsichtig. ?Willkommen auch euch, Leutnant Strauß.?
    Strauß verbeugte sich mit höfischer Eleganz und zog dabei die Offiziersmütze, sein unter Einsatz einer großen Menge Pomade nach hinten gelegtes Haar enthüllend. Er musste einen schier unendlichen Vorrat davon bei sich führen, dachte Krüger, denn wann immer Strauß sich mit bloßem Haupt zeigte waren seine Haare entsprechend frisiert und gefettet.
    ?Doch nun setzt euch, meine Herren.?, forderte ihre Gastgeberin sie auf. ?Wir wollen mit dem Essen beginnen, nun da wir vollzählig sind.?
    Krüger und seine Männer kamen der Aufforderung nach. Er selbst wurde von dem Diener, der sie hergeführt hatte, links neben der Lady platziert, sodass er zwischen ihr und dem Hauptmann ihrer Garde saß, Haller zur Rechten von Eurydike und Strauß weitab zwischen Iolaos und Patriklos. Der junge Leutnant wirkte äußerst unzufrieden. Gut, dachte Krüger.
    Der erste Gang wurde serviert, kaum dass alle auf ihren Stühlen platz genommen hatten. Auf dem Teller vor Krüger türmte sich eine weißliche Masse, die vage Ähnlichkeit mit Joghurt hatte, aber körniger und mit kleinem, ovalen, offenbar eingelegten Gemüse gespickt war. Eine Dienerin reichte dazu helles, flaches Brot in einem Korb herum.
    Krüger probierte mit mühsam verborgenem Misstrauen einen ersten Löffel, als Iolaos neben ihm schon seine halbe Portion verspeist hatte. Es schmeckte zu seinem Erstaunen nicht einmal schlecht, so suspekt es auch aussah, war von einem würzigen und leicht säuerlichen Aroma.
    Als der zweite Gang kam, hatte er den Großteil seiner Portion gegessen und ließ den Rest anstandshalber, so wie er es auf der Akademie gelernt hatte, auf dem Teller zurück. Das folgende Fleischgericht war so gut, das er die guten Sitten für eine Weile vergaß und sich ganz dem Essen widmete. Dem süßen Wein, der dazu gereicht wurde, sprach er nur mit äußerster Zurückhaltung zu, ganz im Gegensatz zu Haller, der damit die beachtlichen mengen an Essen, die er vertilgte, wie mit Wasser herunterspülte. Strauß, noch immer unzufrieden mit seiner Platzierung, rührte die Speisen kaum an.
    Erst mit dem Nachtisch setzte wieder das Tischgespräch ein. Lady Ganaselos wandte sich, mit dem Löffel nachdenklich in ihrer aus Honig, Joghurt und Nüssen bestehenden Nachspeise stochernd, Krüger zu. ?Hat es euch geschmeckt, Hauptmann??, fragte sie lächelnd.
    ?Es war ein wahrer Genuss, Mylady.?, antwortete Krüger. ?Ich danke euch nochmals für eure Gastfreundschaft.?
    ?Ein Genuss, wie man ihn in des Imperators Armee leider nicht gewohnt ist, Mylady, in der Tat.?, pflichtete Haller bei. ?Und noch dazu in so reizender Gesellschaft.? Er deutete mit einem höflichen Seitenblick an, dass er Eurydike meinte.



    Das Leben ist wie die Seife in einer Gefängnisdusche!


    So weiter gehts!

    Lady Ganaselos nickte, immer noch lächelnd. ?Meine Tochter hatte den ganzen Nachmittag über kein anderes Thema als euren wackeren Leutnant mir der Eisenhand, Hauptmann.?, sagte sie. ?Man sieht solche Wunder selten auf Kalopulos, auch wenn das Imperium zunehmend versucht, unsere Gesellschaft mit seinem segensreichen Wirken zu verbessern. Leider?, meinte sie, plötzlich mit einem scharfen Unterton in der Stimme, ? gibt es immer noch gewisse Männer edler Abstammung, die sich dem Fortschritt wiedersetzen wollen.?
    Iolaos legte langsam den Löffel auf seinen nun leeren Teller zurück. ?Mylady, auch wenn ihr die Macht über dieses Land habt, so versteht ihr doch nichts vom Kriegshandwerk. Euer Gemahl hätte...?
    ?Mein Gemahl ist seit drei Jahren tot, Hauptmann Iolaos!?, schnitt Lady Ganaselos ihm das Wort ab. ?Er fiel im Kampf gegen die Grünhäute, so wie schon mehr als hundert eurer Männer gefallen sind. Euer verdammter Stolz wird euch noch selbst ins Grab bringen!?
    Iolaos erhob sich. ?Ihr seid eine Frau, Mylady, deshalb sind eure Ansichten in dieser Angelegenheit von Gefühl und Furcht getrübt. Ich entferne mich nun mit eurer Erlaubnis und gehe zu Bett.?. Der Hauptmann drehte sich grußlos um und verließ den Raum.
    Die Lady blickte betrübt auf ihren Teller. ?Es ist eine Schande.?, murmelte sie.
    ?Euer Hauptmann weiß nicht, wovon er spricht, Mylady.?, sagte Krüger. ?Meine Männer und ich kennen die Orks. Wir werden sie für euch besiegen.?
    ?Versprecht ihr mir das, Hauptmann??
    ?Natürlich, Mylady. Wir sind Soldaten des Todeskorps von Krieg. Wir erfüllen stets unsere Aufträge, egal was es kostet.?
    Die Lady schüttelte müde den Kopf. ?Ich fürchte, Hauptmann, dass es ein nicht sehr vergnüglicher Abend geworden ist. Ich denke, wir sollten die Tafel auflösen...?
    Die Einheimischen am Tisch erhoben sich, und Krüger bedeutete Strauß und Haller mit einem Handzeichen, dasselbe zu tun. Er wollte sich selbst gerade erheben, als Lady Ganaselos ihn zurückhielt.
    ?Bitte, Hauptmann, bleibt noch einen Moment. Ich wollte einige Worte mit euch allein sprechen.?, sagte sie.
    Krüger nickte und setzte sich wieder. Lady Ganaselos schenkte ihm Wein in seinen Becher nach und winkte ihrer Tochter, als diese als letzte den Raum verließ. ?Trinkt, Hauptmann.?, sagte sie, ihren eigenen Becher an die Lippen führend. Sie tranken beide, ihre Becher in einem Zug leerend.
    ?Mein Mann ist schon zu lange tot.?, flüsterte die Lady schließlich. ?Ich habe keinen halt mehr in dieser verdammten Welt, und Hauptmann Iolaos respektiert mich nicht...?. Tränen schimmerten in ihren Augenwinkeln.
    ?Mylady, ihr...?, setzte Krüger an, doch bevor er nur den nächsten Laut formen konnte, küsste sie ihn mit inniger Leidenschaft. Ihre Lippen waren weich und süß auf seinen, und nach einem Moment des Zögerns erwiderte er den Kuss und zog sie an sich. Sie schlang ihre zarten Arme um seinen Hals, ihr aufregender, schlanker Leib drängte sich an ihn. Krüger ließ seine Hände ihren Rücken hinab gleiten, in die Tiefen ihres Kleides.
    ?Bleibt bei mir heute Nacht...?, flüsterte die Lady, als ihre Lippen sich für einen Augenblick, der wie eine Ewigkeit war, voneinander lösten. ?Bleibt, bitte...?
    Der nächste Morgen war klar und kalt. Krüger glitt so leise wie möglich vom Nachtlager, um die noch schlafende Lady nicht zu wecken. Er warf einen letzten Blick auf die zusammengerollte, unbekleidete Frau, dann streifte er mit einem leisen Seufzen Uniformhose und Jacke über und ging, Stiefel und Mütze mit der Rechten bei sich führend, aus dem Raum. Draußen zog er die Stiefel an und legte mit leisen Schritten den Weg die Treppen hinunter in den Innenhof zurück.
    Er fühlte sich merkwürdig. Es war lange her, dass er das letzte mal das Bett mit einer Frau geteilt hatte. Krüger hatte sich nie an die Truppenbordelle gewöhnen können; er war nicht der Typ Mann, der sich mit seinen Untergebenen um das schönste Mädchen stritt und sein Vorrecht als Offizier einforderte. Das schönste Mädchen, dachte er spöttisch. Wenn man bei den abgemagerten, müden Kreaturen in den Bordellen denn von Schönheit sprechen konnte...
    Krüger überlegte, wann er diesen unsäglichen Ort zuletzt aufgesucht hatte. Sein Verstand arbeitete langsam an diesem Morgen, aber schließlich fiel es ihm doch wieder ein: Es war mehr als drei Jahre her, nach dem Sieg auf Coreanna Secundus. Leutnant Kreuzner hatte ihn in eine zwielichtige Bar geschleppt, um dort auf den Erfolg des Regiments zu trinken und mit den Offizieren anderer Kompanien Karten zu spielen. Sie waren schließlich beide, volltrunken und unternehmungslustig, zu früher Morgenstunde noch zu den vom Departmento beschäftigten Prostituierten gegangen.
    Seit dieser Nacht ? oder besser dem grausamen Kater am nächsten Morgen ? hatte Krüger gewissermaßen in Keuschheit gelebt. Der gestrige Abend allerdings hatte ihm bewusst gemacht, dass ihm etwas gefehlt hatte.
    Lady Ganaselos hatte ihn verführt, ohne Zweifel, aber Krüger sorgte sich momentan nicht sonderlich darum. Sie beide wussten, dass es nicht mehr sein konnte als eine flüchtige Affäre, und dementsprechend leidenschaftlich hatten sie die Nacht verstreichen lassen. Es würde Zeit seines Lebens eine schöne Erinnerung sein...
    ?Guten Morgen, Hauptmann.?, sagte Haller und trat in den Hof. Krüger wandte sich ihm zu. Der Leutnant hielt zwei dampfende Becher in den Händen, von denen er einen Krüger reichte, als er bei diesem angelangt war.
    Krüger nippte dankbar an dem heißen Kaffee. ?Guten Morgen, Leutnant.?, brummte er.
    ?Ich hoffe, sie hatten eine angenehme Nacht, Sir.?, sagte Haller in unverbindlichem Plauderton. Als er Krügers Blick bemerkte, fügte er erläuternd hinzu: ?Die Wände sind recht dünn hier, Sir, und Lady Eurydike war heute Nacht recht neugierig.?. Er grinste unverschämt und hob seine bionische Handprothese.
    ?Sie sollten aufpassen, wie sie ihre Worte wählen, Leutnant.?, mahnte Krüger und nahm einen weiteren Schluck. Für einen Moment hatte es Haller geschafft, ihn zu schockieren. Er hätte es lieber gesehen, wenn niemand von dem, was vergangene Nacht geschehen war, gewusst hätte. ?Nicht jeder versteht ihren Humor.?
    Haller trat noch etwas näher und legte Krüger verschwörerisch die hand auf den Arm. ?Hauptmann?, sagte er, ?seien sie meiner Diskretion versichert. Allerdings freut es mich, dass nun auch sie die Annehmlichkeiten unseres Aufenthaltes hier zu schätzen lernen.?



    Das Leben ist wie die Seife in einer Gefängnisdusche!


    Krüger winkte ab. ?Es war ein einmaliger Vorfall. Wir haben eine Aufgabe zu erfüllen, die unsere Konzentration erfordert.?
    Haller nickte. Beide schwiegen für eine Weile und tranken ihren Kaffee.
    ?Leutnant Strauß kochte gestern Abend vor Wut.?, bemerkte Haller schließlich. ?Ich hatte schon Angst, er würde zu Kommissar van Bent rennen und sich bei ihm beschweren, aber so dumm scheint er nun doch wieder nicht zu sein.?
    ?Wie genau konnten sie bitte die Reaktion des Leutnants beobachten, Haller??, fragte Krüger interessiert. ?Ich dachte, sie und Lady Eurydike...??
    ?Leutnant Strauß war der Ansicht, Lady Eurydike nach dem Essen noch den hof machen zu müssen, obwohl sie sich bereits in meiner Gesellschaft befand.?, erklärte Haller knapp. ?Ich habe ihm deutlich gemacht, was ich davon halte.?
    ?Inwiefern, Leutnant??, hakte Krüger streng nach. Er konnte keine Undiszipliniertheiten in seiner Kompanie dulden, und erst recht keine Schlägerei unter Offizieren. Haller schien aber genau das anzudeuten.
    ?Den detailgetreuen Wortlaut, Sir, oder die Fassung für die Ohren von Vorgesetzten und Kommissaren??
    ?Ersteres, Leutnant. Versuchen sie nicht, mich für dumm zu verkaufen.?
    ?Ich nannte Strauß einen stiefelleckenden Schleimer, Sir, und erlaubte mir, seine Fähigkeit zum sexuellen Verkehr mit anderen menschlichen Wesen als ihm selbst in Frage zu stellen, um es grob zusammenzufassen. Ich erklärte dem Leutnant außerdem, dass mehrere Männer der Kompanie diese Einschätzung zweifelsohne teilen. Habe ich in einem dieser Punkte eine unwahre Behauptung aufgestellt, Sir??
    Krüger musste unwillkürlich grinsen, unterdrückte den Ausdruck der Belustigung aber sofort. Haller hatte Strauß gegenüber eine sehr realistische Einschätzung seiner Persönlichkeit geäußert. Dennoch blieb es eine absolute Unmöglichkeit.
    ?Sie werden sich bei Strauß entschuldigen, Leutnant.?, stellte Krüger fest.
    ?Aber...?, setzte Haller an, doch Krüger ließ ihn nicht aussprechen.
    ?Kein Aber, Haller. Sie können so nicht mit ihren Kameraden und Kollegen umgehen, ob sie sie nun mögen oder nicht. Strauß ist von ausgesprochen schlechtem Charakter, aber das gibt ihnen als Gleichrangigem nicht das recht, sine Ehre in diesem Maße zu verletzen. Entschuldigen sie sich bei ihm, und die Sache ist für mich erledigt.?
    ?Ja, Sir.?, murmelte Haller resignierend.
    Am späten Vormittag inspizierte Krüger die Arsenale des Landsitzes. In den offiziellen Waffenkammern fand er wenig brauchbares vor, die Einheimischen hatten sie mit ihren primitiven Nahkampfwaffen und den prunkvollen, aber gegen Schusswaffen völlig nutzlosen Rüstungen und Schilden angefüllt. Mehr durch Zufall stieß er schließlich in einer Speisekammer auf eine Tür, die in einen Kellerraum hinabführte.
    Im Lichtschein der Taschenlampen türmten sich vor ihm und den Männern seiner Stabsabteilung Munitionskisten und in Einzelteile zerlegte schwere Waffen. Auf den Kisten prangte silbern das Siegel des Departmento Munitiorum.
    Krüger überschlug leise flüsternd die bestände, die er da vor sich hatte. ?Fünf schwere Bolter, zwei Raketenwerfer, eine Maschinenkanone, gut zehntausend Schuss Munition für die schweren Bolter, zweitausend für die Maschinenkanone... Gütiger Imperator!?
    Die Stabsgefreiten Weber und Kowalla hatten eine der Munitionskisten angehoben. Darunter fand sich eine weitere Kiste, die allerdings auffälliger beschriftet war. Die Siegel kennzeichneten den Inhalt als auf dem Mars hergestelltes Produkt des Adeptus Mechanicus.
    ?Öffnen!?, befahl Krüger.
    Weber schlug das Zeichen des Aquila und brach das Siegel des Maschinengottes, dass den Deckel der Kiste verschloss. Er wuchtete die schwere Abdeckung beiseite, dann machte er respektvoll für Krüger Platz, damit dieser selbst einen Blick in die Kiste werfen konnte.
    Auf Öltüchern ruhten vier Plasmawerfer im Innern. Sie waren von einem Schema, das Krüger noch nie zuvor gesehen hatte, ausgesprochen kompakt im Vergleich zu den sperrigen Standardplasmawaffen. Das Metall der Waffengehäuse glänzte wie frischpoliert.
    Kowalla hob mit ehrfürchtigem Gesichtsausdruck eine der Waffen aus der Kiste und wog sie prüfend in Händen. ?Sie... sie ist ganz leicht, Hauptmann.?, murmelte er irritiert.
    ?Diese Wilden haben keine Ahnung, was für einen Schatz sie hier haben.?, bemerkte Weber. ?Die besten Waffen, und sie wissen es nicht zu würdigen. Es ist eine Schande.?
    ?Legen sie die Waffe zurück, Kowalla, und verschließen sie die Kiste wieder.?, befahl Krüger, dann wandte er sich an die übrigen Männer. ?Schaffen sie sämtliche Waffenvorräte in unsere Räumlichkeiten hinüber. Wenn Iolaos Männer nichts damit anzufangen wissen, dann sollten zumindest wir dieses Geschenk des Imperators einer würdigen Nutzung zuführen.?
    Die Stabsgefreiten salutierten und begannen, Krügers befehl auszuführen, während Krüger die Kammer kurzentschlossen verließ und in Richtung der Mannschaftsquartiere über den Hof ging. Er hatte eine plötzliche Idee, die Iolaos wohl schier zur Weißglut treiben würde...
    Er freute sich in Gedanken schon auf die Reaktion des kalopulosischen Hauptmanns, als ihn lautes Wiehern und das Trappeln von hufen auf steinernem Boden innehalten ließ. Vor den Stallungen, in denen die Soldaten des Todeskorps einquartiert waren, drängten sich mehrere Dutzend der Männer und starrten die großen, schlanken Pferde an, die eine Gruppe von Iolaos Männern aus einem anderen Stall an den Zügeln auf den Hof hinaus führten. ?Pferde!?, hörte Krüger die Soldaten rufen, in einem glücklichen, fast euphorischen Tonfall. ?Pferde!?
    Wirkliche, echte Pferde, dachte auch Krüger. Daheim auf Krieg hatte man ihn auf der Akademie das Reiten auf den bionisch modifizierten Kriegsrössern gelehrt, so wie es sich für einen Offizier geziemte, doch seitdem hatte er kein Pferd mehr zu Gesicht bekommen.



    Das Leben ist wie die Seife in einer Gefängnisdusche!


    Das 43. hatte keine eigenen Reiterverbände, weil es von vornherein als infanteristisches Regiment mit eigenen Panzer- und Panzergrenadierkompanien konzipiert worden war. Viele der Männer spotteten insgeheim darüber und bezeichneten es als schlechtes Omen, dass ein Regiment von Krieg ohne Todesreiter in den Kampf zog, wo Pferde in der Kultur Kriegs doch Glücksbringer waren, die letzten Überbleibsel einer völlig zerstörten Vergangenheit. Krüger selbst hatte es immer als Aberglauben abgetan, auch wenn er Pferde als true und kluge Tiere schätzte. Jetzt aber war er einfach nur froh über den Anblick, ganz so wie seine Männer. Lächelnd schlenderte er die letzten Meter zu den Soldaten hinüber.
    Der Hauptgefreite Kruppke war ein leicht dicklicher Mann Anfang Fünfzig, der wegen seiner gutmütigen Freundlichkeit und der Nachsichtigkeit seinen jüngeren Kameraden gegenüber bei den übrigen Soldaten der Kompanie allgemeine Beliebtheit genoss. Kruppke führte den ersten Unterstützungstrupp der Kompanie, mit der Erfahrung und Besonnenheit eines jahrzehntelang im Dienst stehenden Berufssoldaten. Wie Kruppke nun vor Krüger stand, rotz seines etwas umfangreicheren Körpers in strammer Haltung und mit respektvollem Salut, wusste Krüger, dass er sich den richtigen Mann für sein Vorhaben ausgesucht hatte.
    ?Stehen sie bequem, Hauptgefreiter.?, sagte Krüger. Als Kruppke entspanntere Haltung angenommen hatte, fuhr er fort: ?Es gibt Arbeit für sie und ihren Trupp.?
    ?Wo wollen sie die Waffenteams haben, Sir??, fragte Kruppke.
    ?Langsam, Kruppke. Ich habe noch nichts von einem Kampfauftrag gesagt, oder?? Krüger lächelte milde, und unter Kruppkes buschigem Schnauzbart erschien ein verständnisloses Grinsen.
    ?Sir??
    ?Sie haben die Kisten gesehen, die meine Stabsabteilung soeben in unsere Quartiere geschleppt hat??
    ?Ja, Sir.?, bestätigte Kruppke.
    ?Darin sind genug Waffen um einen ganzen Zug Gardisten auszustatten, zusätzliche Infanterieabwehrwaffen eingeschlossen. Unsere Kompanie ist bereits gut ausgestattet, wir selbst haben also für das meiste keine Verwendung mehr. Ich wünsche deshalb, dass sie beginnen, die Einheimischen an den schweren Boltern auszubilden und diese zusätzlichen Waffenteams dann über aussichtsreiche Feuerpositionen auf dem Landsitz verteilen.? Krüger wusste, dass Kruppke diese Aufgabe mit Bravour erfüllen würde. Er hatte bisher jeden Mann, der in der Kompanie die Benutzung schwerer Waffen erlernen sollte, ausgebildet, und die Ergebnisse waren größtenteils exzellent. Kruppkes ruhige Art und seine Kompetenz im Umgang mit dem schweren Gerät machten ihn zum idealen Ausbilder. Er hätte ohne Schwierigkeiten Unteroffizier werden können, wenn er es denn jemals gewollt hätte und dies nicht bedeutet hätte, dass er sich von seinen geliebten schweren Waffen würde trennen müssen.
    ?Ich verstehe ihren Wunsch, Sir, sehe aber ein Problem, wenn sie mir den Einwand gestatten.?, entgegnete Kruppke und fuhr auf ein Nicken Krügers hin fort: ?Die Einheimischen verhalten sich uns gegenüber in schlimmsten Maße ablehnend. Ich glaube kaum, dass dieser Hauptmann Iolaos einige seiner Männer abstellen wird, um sie von ns an schweren Waffen ausbilden zu lassen.? Kruppkes Finger spielten nervös mit den Schößen seines Uniformrocks, während er sprach.
    ?Sie sorgen sich völlig umsonst, Hauptgefreiter.?, sagte Krüger sanft. Noch bevor er die nächsten Worte sprach, befiel ihn eine fast schon kindische Belustigung. Er musste grinsen. ?Ich habe nichts von Iolaos Männern gesagt, oder, Hauptgefreiter??
    ?Nein, Sir.?, bestätigte Kruppke. Seine Augen blitzten fragend.
    ?Sie werden?, sagte Krüger, ?sich jeden Stallburschen, jede Küchenmagd und jeden Gärtner schnappen, der ihnen irgendwie geeignet erscheint und ihn in der Bedienung eines schweren Bolters unterweisen, solange er ihnen nicht gerade androht, sie dafür umzubringen. Wenn Iolaos und seine Soldaten zu stolz sind, um sich die Hände an unseren unehrenhaften Waffen schmutzig zu machen, dann tun es vielleicht zumindest ihre Dienstboten.?
    Kruppke salutierte, einen Ausdruck der Begeisterung im Gesicht. ?Eine fantastische Idee, Sir.?
    ?Eine notwendige Maßnahme, Kruppke. Wenn es art auf hart kommt werden wir jeden Waffenlauf gut gebrauchen können, und ich würde es gern sehen, wenn diese schweren Bolter einer sinnvollen Verwendung zugeführt würden. Sie sind zu schade, um als Staubfänger zu dienen.?
    ?Ja, Sir.?
    ?Sie können wegtreten, Hauptgefreiter.?
    Kruppke eilte davon, um die restlichen Mitglieder seines Unterstützungstrupps zu sammeln. Krüger sah seiner massigen Gestalt nach, bis sie endgültig im Gewimmel der graugekleideten Leiber auf dem Hof verschwunden war, dann wandte er sich ab und ging hinüber zu den nicht vom Todeskorps belegten Stallungen, wo Iolaos Männer noch immer mit ihren Pferden beschäftigt waren.
    Zwischen den kalopulosischen Kriegern tauchte unvermittelt Iolaos selbst auf, gekleidet in seine verzierten Lederpanzer, einen wehenden Umhang und den hohen, geschwungenen Helm, dessen Visier sein Gesicht bis auf das bärtige Kinn verbarg. Er fixierte Krüger mit einem langen Blick aus den dunklen Sichtschlitzen seines Helms, dann wandte er sich um, so als stünde der imperiale Hauptmann gar nicht vor ihm, und tätschelte den Hals eines nahestehenden Pferdes. ?Seid ihr gekommen, um etwas Ehre zu sehen, Hauptmann??, hörte Krüger ihn brummen.
    ?Nein, Hauptmann.?, entgegnete Krüger. ?Es lag mehr in meinem Interesse, etwas von den Ländereien eurer Herrin zu sehen und mir ein ungefähres Bild von der Bedrohung durch die Orks zu machen.?
    ?Wie passend.?, bemerkte Iolaos. ?Meine Männer und ich wollten gerade einen Ausritt ins Grenzland unternehmen, zu den Marmorsteinbrüchen. Es ist allerdings ein recht weiter Weg. Ich glaube kaum, dass eure Männer ihn zu Fuß werden bewältigen können, und solcher Pöbel ist der Kunst des Reitens wohl kaum fähig.?
    ?Nun, Hauptmann, wenn ihr so freundlich wärt, uns einige Pferde zu borgen, so würde ich euch gern vom Gegenteil überzeugen. Es wäre eine interessante Erfahrung, eure Männer mit einer Gruppe meiner Soldaten begleiten zu dürfen.?
    Iolaos wandte Krüger langsam wieder den Blick zu. Er starrte ihn eine Weile an, dann brach er in lautes Gelächter aus. ?Also schön, Hauptmann Krüger!?, verkündete er. ?Ihr sollt euren Willen haben, dann werden wir sehen, wer von uns der wahre Krieger ist."



    Das Leben ist wie die Seife in einer Gefängnisdusche!


    Krüger hatte keine Mühe, mit dem Trab der ihnen vorausreitenden Kalopulsi mitzuhalten. Das Pferd, das Iolaos ihm zugewiesen hatte, war ein gutes, kräftiges Tier, das auf den steinigen Hügelhängen ebenso gut zurecht kam wie in den grasbewachsenen Tälern dazwischen. Es war zunächst etwas ungewohnt gewesen, ein Reittier unter sich zu haben, dass keine bionischen Modifikationen trug, dessen Atem nicht rasselnd durch einen Schadstofffilter kam und dessen Vitalfunktionen nicht auf einem kleinen Display or dem Sattel erscheinen, aber im großen und ganzen unterschied sich dieses Pferd nicht sehr von denen auf Krieg.
    Auch die Männer von Krügers Stabsabteilung kamen gut mit ihren Tieren zurecht. Der einzige Grund, aus dem sie hinter der Spitzengruppe zurückblieben, war van Bent: Der junge Kommissar hatte darauf bestanden, Krüger zu begleiten, und sich von Iolaos ebenfalls ein Pferd geben lassen. Nur war der Kommissar-Kadett des Reitens augenscheinlich nicht fähig, er hielt sich nur mit Mühe äußerst unsicher im Sattel, und sein Reittier gehorchte den mal wütend, mal verzweifelt artikulierten Befehlen nicht. Van Bent bot einen ganz und gar jämmerlichen Anblick, und weiter vorne hörte Krüger die Kalopulosi lauthals lachen.
    Krüger lenkte sein Pferd an den Zügeln herum und ritt zu van Bent. Er erreichte ihn kurz bevor der junge Kommissar endgültig aus dem Sattel stürzte. Mit entschlossener Sicherheit ergriff er die Zügel von van Bents Reittier und brachte es mit sanftem, aber unnachgiebigem Zug zur Ruhe.
    ?Danke, Hauptmann.?, murmelte van Bent. Seine Stimme klang schwach und elend, so als müsse er sich jeden Moment übergeben. ?Ich... habe mich wohl selbst überschätzt.?
    Krüger zuckte die Schultern. ?Es ist halb so schlimm, Sir. Ich lasse sie am besten von zwei Männern zum Landsitz zurückbringen, wir werden die Patrouille auch ohne sie beenden können.?
    Van Bent nickte schwach. ?Mein Platz sollte an ihrer Seite sein, Hauptmann Krüger.?
    Krüger winkte zwei der Männer heran. ?Der Imperator ist an unser aller Seite, Sir, auch wenn dort sonst niemand ist. Reiten sie zurück und ruhen sie sich aus. Wir kommen notfalls allein zurecht.?
    Krüger lenkte das Pferd wieder herum und drückte ihm die Fersen in die Seiten. In schnellem Galopp schloss er wieder zu Iolaos und seinen Männern auf. Die Kalopulosi hatten ihre Pferde gezügelt und warteten auf einem Hügelkamm auf ihn.
    ?Nun?, rief ihm Iolaos noch immer lachend entgegen, ?euer schwarzer Mann scheint nicht sehr sattelfest zu sein, Hauptmann Krüger.?
    ?Spottet nicht, Iolaos.?, mahnte Krüger. ?Oder wisst ihr, wie man mit einem Lasergewehr umgeht??
    Iolaos Lachen verstummte augenblicklich. ?Ich würde es erlernen, würde es mich interessieren, Außenweltler.?, schnarrte er.
    ?Natürlich.? Sagte Krüger unbeeindruckt. ?Nun, Hauptmann, ich brenne darauf, die Steinbrüche eurer Lady zu sehen.?
    Iolaos knurrte missbilligend und wandte sich ab. Krüger war, als hätte er ihn etwas wie ?Ihr habt schon zuviel von der Lady gesehen.? murmeln hören.
    Die Steinbrüche wirkten auf Krüger, als hätte eine gewaltige Explosion einen gräulichen Krater in das Grün der Hügellandschaft geschlagen. Auf einem gewundenen Pfad waren sie hinab geritten, neben sich die schroffen Wände aus Erdreich und Gesteinsadern. Zwischen schmutzigem Granit glänzte verheißungsvoll roher Marmor.
    Die Pferde bewegen sich unsicher auf dem von Steinsplittern übersäten grund. Hacken und Hämmer lagen verstreut über die ganze Länge des Pfades, an den Wänden lehnten noch Leitern und Holzgerüste. Die Arbeiter mussten den Steinbruch in großer Eile verlassen haben.
    ?Seit wann baut ihr nicht mehr ab, Hauptmann??, wandte sich Krüger an Iolaos.
    ?Vor drei Monden ließen sich die Grünhäute erstmals nahe des Steinbruchs sehen. Seitdem hat die Lady angeordnet, dass nicht mehr gearbeitet wird. Es wäre zu gefährlich.?, brummte Iolaos. Der kalopulosische Hauptmann wirkte angespannt. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt und beobachtete aufmerksam die Kuppen der Felswände, seine Lanze unter der Achsel eingelegt und den Schild nahe am Körper.
    ?Fürchtet ihr, dass wir überfallen werden? Dann hätten wir wohl nicht hier herunter reiten sollen.?, sagte Krüger.
    ?Unsinn.?, murrte Iolaos. ?Die Grünhäute werden nicht am Tag hervorkommen und eine Gruppe Bewaffneter angreifen, dazu sind sie zu feige. Außerdem wolltet ihr die Steinbrüche sehen, nicht wahr, Hauptmann??
    Krüger schüttelte verständnislos den Kopf. So wie Iolaos und seine Leute nach oben starrten, schienen sie damit zu rechnen, dass jeden Moment Tausende von Orks von oben über sie herfallen würden, und dennoch gefiel sich der kalopulosische Hauptmann darin, den gelassenen Krieger zu geben.
    ?Das Ruhen der Arbeit bedeutet für die Lady einen erheblichen Einnahmeausfall, wenn ihr versteht, Hauptmann.?, erklärte Iolaos, als habe er nie über die Orks gesprochen. ?Stein aus diesem Steinbruch ziert sogar den Palast seiner Exzellenz des Gouverneurs.?
    ?Ah.?, machte Krüger. ?Habt ihr noch andere Einnahmequellen??
    Iolaos wandte den Blick kurz von den Wänden zur Mähne seines Pferdes. ?Die Stallungen unserer Lady sind auf ganz Kalopulos berühmt für die Qualität ihrer Tiere. Ihr selbst mögt festgestellt haben, dass es ruhige und gutmütige Tiere sind.?
    ?Nun, so hat es den Anschein.?, bestätigte Krüger. ?Wurden sie für den Kampf gezüchtet??
    ?Selbstverständlich, Hauptmann.? Iolaos starrte schon wieder nach oben, den behelmten Kopf weit zurück in den Nacken gelegt.
    ?Ich denke...?, begann Krüger, ?Ich denke, wir können wieder zurückreiten. Ich habe genug gesehen.?
    Iolaos blickte ihn einen Moment lag aus den dunklen Tiefen der Sichtlöcher seines Helms an, dann nickte er und wendete sein Pferd. Das Tier gehorchte dem Zug der Zügel schnaubend und drehte sich mit bemerkenswerter Sicherheit auf dem unebenen Grund des Weges. Iolaos stieß einen schrillen Pfiff aus. Sofort begannen seine Männer den Ritt zurück nach oben.
    Der erste Kalopulosi hatte den oberen Rand des Steinruchs fast erreicht, als das donnernde Hämmern automatischer Waffen losbrach. Die Flanke des Reittiers explodierte in einem Schauer aus Blut. Der Reiter stürzte und begann gellend zu schreien.
    Krügers Pferd ging durch; er wurde im Sattel nach hinten geworfen.



    Das Leben ist wie die Seife in einer Gefängnisdusche!